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Wirtschaft: Warum wir alle „Lohas“ werden sollen Der grüne Idealkunde ist nachhaltig und bewusst

Berlin - Der Versprecher sorgte nicht nur für Lacher, er hatte auch Symbolcharakter, wie sich im Verlauf der Diskussion zeigte. Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen und ehemalige Verbraucherschutzministerin, fragte: „Was ist das gute Leben?

Berlin - Der Versprecher sorgte nicht nur für Lacher, er hatte auch Symbolcharakter, wie sich im Verlauf der Diskussion zeigte. Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen und ehemalige Verbraucherschutzministerin, fragte: „Was ist das gute Leben?“ Sie kam zu der verblüffenden Antwort: „Das gute Leben ist das rote Leben.“ Natürlich hatte sie sagen wollen, dass das gute Leben das „grüne Leben“ sei. Doch sie dachte ans Russische, wie sie bekannte. Denn dort bedeute das Wort rot gleichzeitig auch gut und schön, und so seien ihr die Adjektive durcheinandergeraten und der freudsche Lapsus einfach zu erklären.

Die grüne Bundestagsfraktion hatte am Sonnabend eingeladen in das Tagungszentrum der Katholischen Akademie in Berlin-Mitte. Man wollte der Frage nachspüren, wie ökologisch nachhaltiger „Konsum und Lebensstil für morgen“ aussehen könnten. Wie sollen wir leben im Angesicht von Klimawandel und 850 Millionen hungernden Menschen? Dass wir uns bereits in einem „Abwehrkampf“ gegen drohende Umweltkatastrophen befänden, konstatierte die Sprecherin für Verbraucherpolitik, Ulrike Höfken. Während die Grünen als Regierungspartei diesen Abwehrkampf aber noch mit der Einführung der Ökosteuer führen konnten, setzen sie heute auf den Konsumenten. Dieser habe laut Künast mehr Wahlmöglichkeiten als der Wähler, und folglich auch mehr Macht. Den grünen Traummenschen beschrieb sie als „Loha“. Dieses Akronym kommt aus den USA und bedeutet: Lifestyle of health and sustainability. Gemeint ist jemand, der einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil bevorzugt. Konkret: Er oder sie kauft auf Bauernmärkten ein, kocht in einem Topf der Firma Manufactum, isst an einem gezimmerten Kirschholztisch („nicht lackiert, sondern geölt“) und macht Aryuveda-Urlaube.

Für Sven Giegold, Gründungsmitglied von Attac-Deutschland, war das zu viel der bourgeoisen Selbstverliebtheit. „Einem Hartz-IV-Empfänger zu erklären, er solle einen Lifestyle of sustainability führen, hat etwas Zynisches.“ Alle Konsumappelle brächten nichts in einer ungleichen Gesellschaft. Denn wenn in die Preise, wie gefordert, die ökologischen Kosten der Produktion einflössen, „dann kriegen wir ein soziales Problem“. Giegold appellierte an die Grünen, die ökologische Frage als soziale Frage zu buchstabieren. Für ihn ist das gute Leben also in erster Linie rot. Aber das hatte ja auch Renate Künast schon erkannt. Wenn auch unterbewusst.

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