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Welthandel: USA, Indien und China verhindern Erfolg

Die WTO-Runde scheitert. Es gab keine Einigung bei den Schutzzöllen. EU-Handelskommissar Mandelson nannte das Scheitern einen Rückschlag für die Weltwirtschaft.

Genf - Das zähe Krisentreffen zur Rettung der Welthandelsrunde in Genf ist ohne Ergebnis geblieben: Die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab sagte am Dienstag in Genf, sie komme gerade von einem „sehr enttäuschenden Treffen“. Die gesamte Runde sei aber noch nicht zu Ende. Die „Komplexität der Materie“ sei aber vorerst zu groß gewesen, erklärte Schwab in der Zentrale der Welthandelsorganisation (WTO).

„Das ist sehr schmerzhaft für die globale Wirtschaft, zu einem Zeitpunkt, als wir gute Nachrichten gebraucht hätten“, sagte EU-Handelskommissar Peter Mandelson. Der dringend benötigte Schub für die Märkte bleibe jetzt aus. Auch die Bundesregierung bedauerte den Abbruch der Beratungen. „Ein Abschluss der multilateralen Handelsverhandlungen wäre ein für die Weltwirtschaft wichtiges Signal zur richtigen Zeit gewesen“, sagte der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Bernd Pfaffenbach. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac begrüßte dagegen den Abbruch der Verhandlungen: „Nach siebenjährigem Ringen ist klar, dass eine Freihandelspolitik ausschließlich zugunsten der Konzerne aus dem Norden keine Chance mehr hat“, erklärte Alexis Passadakis von Attac Deutschland.

Offizielles Ziel der Welthandelsrunde ist die bessere Einbindung der ärmeren Länder in die Globalisierung. Aber auch die deutsche Industrie hatte auf eine Liberalisierung der Auto-, Maschinen- und Chemiegütermärkte großer Schwellenländer wie China und Brasilien gehofft. Die hohen Industriezölle der aufstrebenden Länder bleiben jetzt aber unangetastet. Auch die weltweiten Agrarmärkte werden vorläufig nicht geöffnet.

90 bis 95 Prozent der Probleme seien gelöst gewesen, sagte Mandelson-Sprecher Peter Power über den Verlauf des Treffens. Diplomaten erklärten, das Krisengespräch sei letztlich an einem Konflikt der USA mit den asiatischen Mächten Indien und China gescheitert. Indien beharrte bis zuletzt auf einem besonderen Schutzmechanismus für seine armen Bauern.

Auch China bestand auf einem Schutz seiner heimischen Landwirtschaft und bestimmter Industrien. Der Agrargroßexporteur USA war dem Vernehmen nach nicht bereit, auf die entsprechenden Wünsche Indiens und Chinas einzugehen. Die beiden aufstrebenden Volkswirtschaften pochten laut Teilnehmern auch in der entscheidenden Sitzung mit den USA, der EU, Brasilien, Japan und Australien auf ihren Forderungen.

Südamerikanische Diplomaten reagierten verbittert auf die Nachricht vom Abbruch der Verhandlungen. Sie hofften bis zuletzt auf eine Liberalisierung der Agrarmärkte der EU und der USA. Washington und Brüssel hatten bereits zugesagt, wichtige Stützen für ihre Bauern abzubauen. „Es ist wirklich bedauerlich“, sagte Brasiliens Außenminister Celso Amorim.

EU-Delegationsmitglieder kritisierten auch das Vorgehen Frankreichs. „Das war total kontraproduktiv“, kommentierte ein Unterhändler. Innerhalb der Union versuchte die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft Frankreich, eine Front gegen eine mögliche WTO-Übereinkunft zur Öffnung der Agrar- und Industriegütermärkte aufzubauen. Paris wollte sich mit mindestens sechs anderen EU-Staaten zusammenschließen, hieß es in Genf. EU-Handelskommissar Peter Mandelson, der die 27 EU-Länder vertrat, stand dieser Taktik machtlos gegenüber.

Für einen Erfolg hätten alle 153 WTO-Mitglieder einem Abkommen zustimmen müssen. Das Krisentreffen galt als eine letzte Chance auf Jahre hin, die blockierte Welthandelsrunde wieder flott zu machen. So könnte etwa die anstehende US-Präsidentenwahl eine Regierung in die Verantwortung bringen, die dem Freihandel skeptisch gegenübersteht. Der weitere Fahrplan der Welthandelsrunde ist jetzt völlig offen. Eventuell könnten die Konfliktparteien im Herbst wieder zusammen kommen, hieß es.

Jan-Dirk Herbermann

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