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Wirtschaft: Wenn der Richtige plötzlich der Falsche ist

Ein säumiger Gewerbemieter hat untervermietet. Kann der Vermieter trotzdem räumen lassen?

WAS STEHT INS HAUS?

Ich bin Eigentümer eines Mietshauses und habe eine Gewerbeeinheit an eine Gaststätte vermietet. Um langwierigen Gerichtsverfahren vorzubeugen, habe ich mir von dem Gewerbemieter eine notarielle Urkunde geben lassen, mit der er sich nach einer Kündigung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Nachdem mir der Betreiber der Gaststätte die Miete für mehrere Monate schuldig geblieben ist, habe ich den Gerichtsvollzieher mit der Räumung beauftragt. Daraufhin wurde mir ein Untermieter präsentiert, und die Zwangsräumung wurde eingestellt. Ist das rechtens?

WAS STEHT IM GESETZ?

Die Zivilprozessordnung bestimmt in § 794 Abs. 1 Nr. 5, dass die Zwangsvollstreckung auch aus einer notariellen Urkunde betrieben werden kann. Bei Gewerbemietverträgen ist es deshalb durchaus üblich, dass der Mieter sich der sofortigen Zwangsvollstreckung für den Fall unterwirft, dass der Mietvertrag beendet wird – entweder durch Zeitablauf oder durch fristlose Kündigung durch den Vermieter bei Zahlungsverzug des Mieters. Die Räumungsvollstreckung darf aber nach § 750 Abs. 1 ZPO nur durchgeführt werden, wenn der Schuldner im Vollstreckungstitel oder der Vollstreckungsklausel namentlich genannt ist. Diese Norm nutzen findige Mieter, um die Zwangsräumung in letzter Minute dadurch zu vereiteln, dass sie einem „Untermieter“ den Besitz der Mieteinheit überlassen. Die derzeitige Gesetzeslage und der Bundesgerichtshof geben dem Untermieter Recht: Die Zwangsvollstreckung gegen einen Untermieter erfordert einen ausdrücklich gegen diesen gerichteten Räumungstitel. Aufgrund eines nur gegen den „Hauptmieter“ gerichteten Titels kann die Zwangsräumung nicht gegen den „Untermieter“ erfolgen. Einstweilige Verfügungen von Vermietern gegen solche – manchmal auch vorgeschobenen Untermieter – werden von den Gerichten zumeist abgewiesen, da eine einstweilige Verfügung keine vollendeten Tatsachen schaffen soll. Im Wohnungsmietrecht macht § 940a ZPO die Räumung durch einstweilige Verfügung praktisch unmöglich.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Die derzeitige Rechtslage ist äußerst unbefriedigend für Vermieter. Dem Missbrauch des Vollstreckungsrechts sind Tür und Tor geöffnet, wenn der Vermieter selbst dann auf den langwierigen ordentlichen Gerichtsweg verwiesen wird, wenn offensichtlich ist, dass es nur um die Vereitelung der Zwangsvollstreckung geht. Es besteht Hoffnung, dass sich das mit der anstehenden Mietrechtsreform ändert: Die Neufassung des § 940a ZPO soll es möglich machen, im einstweiligen Rechtsschutz schnell einen Räumungstitel zu schaffen, wenn ohne Kenntnis und Erlaubnis des Vermieters der Besitz der Mietsache einem Dritten überlassen wurde. Bis das Reformvorhaben umgesetzt ist, können sich Vermieter nur damit behelfen, dass sie im notariellen Vollstreckungstitel entsprechende, dem Missbrauch vorbeugende Formulierungen wählen.

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