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Wirtschaft: Wenn Ganji stirbt

Zu dem Fall des iranischen Dissidenten Akbar Ganji, der sich als Häftling im Teheraner EvinGefängnis seit mehr als 40 Tagen im Hungerstreik befindet und vor einer Woche in ein Krankenhaus gebracht wurde, sagt UN-Generalsekretär Kofi Annan nur so viel: „Ich habe nicht genügend Informationen zu diesem Fall und kann ihn daher nicht kommentieren.“ US-Präsident George W.

Zu dem Fall des iranischen Dissidenten Akbar Ganji, der sich als Häftling im Teheraner EvinGefängnis seit mehr als 40 Tagen im Hungerstreik befindet und vor einer Woche in ein Krankenhaus gebracht wurde, sagt UN-Generalsekretär Kofi Annan nur so viel: „Ich habe nicht genügend Informationen zu diesem Fall und kann ihn daher nicht kommentieren.“ US-Präsident George W. Bush äußerte sich dezidierter und forderte Ganjis Freilassung.

Der Journalist Akbar Ganji wurde 1997 verhaftet, weil er einen Vortrag über „die theoretischen Grundlagen des Faschismus“ gehalten hatte, wofür er drei Monate im Gefängnis saß. Drei Jahre später wurde er zu zehn Jahren Haft verurteilt, weil er in Berlin an einer Konferenz teilgenommen hatte, die von den iranischen Behörden für „antirevolutionär“ und „anti-islamisch“ befunden wurde. Ein Berufungsgericht reduzierte die Strafe auf sechs Monate. Doch der Teheraner Staatsanwalt Said Mortazavi intervenierte und erwirkte eine Verurteilung zu sechs Jahren in anderen Anklagepunkten, etwa wegen des Besitzes fotokopierter ausländischer Zeitungen.

In der Haft verfasste Ganji das „Republikanische Manifest“. Darin forderte er seine Landsleute auf, die Scheinwahlen zu boykottieren, um zu echter Demokratie im Land zu gelangen. Während seines Hungerstreiks hat Ganji zwei Briefe geschrieben, in denen er sich „an alle freien Menschen“ wendet, zu finden in englischer Fassung im Internet unter http://freeganji.blogspot.com. Hier Auszüge: „Wenn meine Lektion darin bestehen soll, meine früheren Ansichten anzuprangern, so wird Ganji seine Lektion niemals lernen. (...) Heute ist mein gebrochenes Gesicht das wahre Gesicht des Systems in der Islamischen Republik Iran. Ich bin das Symbol für Gerechtigkeit. Die Gerechtigkeit, die, sofern sie richtig betrachtet wird, das volle Ausmaß der Unterdrückung durch die Herrscher in der Islamischen Republik veranschaulicht. (...) Mortazavi hat zu meiner Frau gesagt: ,Was wird geschehen, wenn Ganji stirbt? Dutzende sterben täglich im Gefängnis, Ganji wird nur einer von ihnen sein.’ Ganji stirbt, doch die Forderung nach Freiheit, Demokratie, politischer Gerechtigkeit, Hoffnung wird genauso wenig sterben wie das Streben nach Idealen.“

Diese Worte hätten ähnlich schon zu anderen Zeiten geschrieben worden sein können, von Natan Sharansky in der Sowjetunion, Vaclav Havel in der Tschechoslowakei, Armando Valladares in Kuba oder von Martin Luther King Jr. in seiner Gefängniszelle. Es ist bemerkenswert, wie die Erfahrungen politischer Unterdrückung sich gleichen. Es geht jetzt darum, Ganjis Leben zu retten. Bush und mehrere Kongressabgeordnete haben Notiz genommen. Vielleicht können sich auch Kofi Annan und europäische Minister, die regelmäßig mit iranischen Amtskollegen zusammenkommen, „genügend Informationen“ beschaffen. Wenn sie es nicht tun, wird die Frage von Staatsanwalt Mortazavi „Was wird geschehen, wenn Ganji stirbt?“ beantwortet sein.

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