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Kuhl! Sport im Team macht gute Laune – und aus Kollegen Trainingspartner mit einem gemeinsamen Ziel. Das kann zum Beispiel ein Firmenlauf sein. Foto: picture-alliance/dpa

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Wirtschaft: Wer Sport treibt, bleibt

Fitte Mitarbeiter fallen seltener aus – und haben noch dazu mehr Spaß im Job.

Er ist zur Stelle, wenn man ihn so gar nicht braucht. Behäbig sitzt er auf dem Sofa und verführt uns dazu, es ihm gleichzutun – der innere Schweinehund. „Wenn ich nach Feierabend erst nach Hause gehen würde, würde ich es wohl auch nicht schaffen, mich zum Sport aufzuraffen“, sagt Beate Kottusch. Die 35-Jährige arbeitet im Ersatzteilvertrieb der Stadler Pankow GmbH und sitzt dabei den ganzen Tag – ein typischer Büro-Arbeitsplatz mit wenig Bewegung, bei dem Rückenschmerzen fast schon vorprogrammiert sind. Doch ihr Arbeitgeber hat erkannt, dass es wichtig ist, die Fitness der Mitarbeiter zum Thema zu machen. Nach einem Gesundheitstag und verschiedenen Vorschlägen gab es für Mitarbeiter das Angebot, ein Coaching rund ums Laufen zu belegen.

Einmal pro Woche direkt nach Feierabend geht es für Beate Kottusch und eine Gruppe ihrer Kollegen nun zum Sport. Zehn Einheiten unter fachgerechter Anleitung absolvierten die Freiwilligen. Ein voller Erfolg: Mittlerweile geht die Laufgruppe in die zweite Runde und belegt weitere Trainerstunden, weil die Mitarbeiter so begeistert waren.

Der Coach, der ihrem inneren Schweinehund Beine machte, ist Olaf Zorn. Mit seiner Firma Running Success setzt er Unternehmen in Bewegung. „Wir bieten von Laufkursen über Yoga bis hin zu Rückenschule und Nordic Walking für jeden Bedarf ein geeignetes Fitness-Programm an“, erklärt der 46-Jährige. Ob regelmäßig in der Mittagspause, nach Feierabend oder in kompakten Workshops, das bleibt den Firmen überlassen.

BGM – hinter diesen Buchstaben verbirgt sich das Betriebliche Gesundheitsmanagement, das für immer mehr Firmen ein zentrales Thema ist. Denn nur gesunde Mitarbeiter sind leistungsfähig und bleiben es auch. Fitte Arbeitskräfte sind seltener krank – ein entscheidender Kostenfaktor für Unternehmen. „Vor allen Dingen fühlen sich die Mitarbeiter aber respektiert und gewertschätzt, wenn ihre Gesundheit in den Vordergrund gestellt wird“, so Olaf Zorn. Außerdem sorgt regelmäßiger Sport im Team für gute Laune, ist er sich sicher. Der Berliner war selbst Geschäftsführer in einer großen Firma, initiierte dort eine Laufgruppe. „Unsere sportliche Belegschaft war einfach gut drauf – das ist auch den Kunden aufgefallen.“ Damals kam ihm die Idee, sich mit maßgeschneiderten Sportangeboten für Unternehmen selbstständig zu machen. Heute hält seine Firma unter anderem die Mitarbeiter der Deutschen Kreditbank (DKB) mit Lauf- und Yoga-Angeboten fit. Für ihr Engagement für eine gute Arbeitsplatzkultur wurde die Internetbank vergangenen Dienstag im Rahmen des Wettbewerbs Great Place to Work als einer der „Besten Arbeitgeber Berlin-Brandenburgs 2013“ ausgezeichnet.

Wie wichtig die Gesundheit der Mitarbeiter ist, hat auch das Unternehmen Avocis erkannt, ein Call-Center-Dienstleister mit neun Standorten in Deutschland. Vor zwei Jahren startete hier Babett Stäbler-Kirsten als Referentin für Betriebliches Gesundheitsmanagement. Ziel von Avocis: Die Zufriedenheit und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu erhöhen. „Dazu mussten wir natürlich erst einmal wissen: Was brauchen unsere Mitarbeiter überhaupt? Wo liegt der Bedarf“, erklärt Stäbler-Kirsten. Daher wurde als Startschuss eine Befragung mit 4500 Fragebögen durchgeführt. Fast die Hälfte kam zurück – das Interesse war groß. Besonders oft litten die Mitarbeiter unter der trockenen Luft und Augenbrennen, typische Beeinträchtigungen durch die Arbeit am Bildschirm und das viele Sprechen. Konsequentes Lüften und gezielte Übungen zur Entlastung der Augen wurden daher in den Alltag integriert.

Die Mitarbeiter wurden aktiv ins Brainstorming einbezogen. Unter dem Motto „Fit im Job“ haben sich seitdem viele Maßnahmen etabliert. „Für uns ist es auch wichtig, durch einfache Aktionen wie Obst- und Teetage die Ernährung in den Call-Centern zu verbessern“, erklärt Babett Stäbler-Kirsten. Neben diesen kleinen, aber effektiven Veränderungen gebe es Aktionen rund um Sport und Bewegung, Fußball- und Laufgruppen.

Die Beschäftigten bleiben nicht nur fit, sondern fühlen sich respektiert. „So können wir unsere Mitarbeiter an uns binden und erreichen, dass sie sich mit dem Unternehmen stärker identifizieren“, erklärt die 36-Jährige. Außerdem trainieren sie ihre Kondition und bauen Stress durch Bewegung ab. Wer nicht gleich Mitglied eines Sportteams werden möchte, für den hat Babett Stäbler-Kirsten Tipps für den Alltag parat: etwa die „gesunde Treppe“. Einfach in jeder Mittagspause statt des bequemen Fahrstuhls die Stufen nehmen – schon ist ein Stück Bewegung mehr in den Alltag integriert. Ebenfalls wichtig: einen Verantwortlichen ausmachen, der die Aktionen am Laufen hält und auch die Führungskräfte für das Thema BGM sensibilisiert.

Ansprechpartner und Ideengeber für Unternehmen können die Krankenkassen sein, die Präventionsmaßnahmen anbieten. „Ein verbreitetes Problem ist das ständige Sitzen am Rechner“, sagt Ulla Oerder, Beraterin für BGM bei der Techniker Krankenkasse. Rundrücken, Haltungsfehler und Bewegungsmangel führen zu den Beschwerden, die fast jeder Büro-Mitarbeiter kennt: Verspannungen im Nacken bis hin zu Schmerzen in Wirbelsäule und Lendenbereich. „Oft helfen schon kleine Veränderungen am Arbeitsplatz, um muskuläre Dysbalancen und Verspannungen zu verhindern oder auszugleichen“, erklärt Oerder. Das kann die Stellung des Monitors oder die Höhe und Position des Stuhls betreffen, manchmal sind aber auch Dehnungs- und Entlastungsübungen hilfreich. Und in der Pause? Richtig, einfach mal die Treppe nehmen. Michaela Drenovakovic

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