Wirtschaft: Wettlauf bei der Suche nach einer Arznei gegen Sars
Nach der Firma Biotest macht sich ein schwäbisches Unternehmen Hoffnung auf ein Medikament gegen die Lungenseuche
Berlin (pet). Nach dem hessischen Pharmaunternehmen Biotest könnte ein weiteres deutsches Pharmaunternehmen vielleicht bald ein Medikament gegen die schwere Lungenkrankheit Sars anbieten. „Wir haben möglicherweise ein Medikament gegen Sars“, sagte Christoph Erdmann, der Produktmanager der Biosyn Arzneimittel GmbH aus Fellbach bei Stuttgart, am Dienstag auf Nachfrage.
Am Montag hatte das hessische Pharmaunternehmen Biotest bekannt gegeben, dass sein Medikament Pentaglobin den Krankheitsverlauf bei Sars erheblich verbessert. Der Börsenkurs war daraufhin um bis zu 25 Prozent gestiegen. Das BiotestMittel, das normalerweise in der Intensivmedizin gegen schwere Infektionskrankheiten angewendet wird, hatte auch einer kleinen Gruppe von Sars-Patienten in Hongkong geholfen. Jetzt hofft das Unternehmen, auch eine Zulassung für Sars zu bekommen.
Das schwäbische Pharmaunternehmen Biosyn ist noch nicht ganz so weit. Sein Mittel Fiblaferon ist seit 1988 für schwere, virusbedingte Erkrankungen zugelassen. Das Unternehmen macht sich nach Angaben von Produktmanager Erdmann jetzt Hoffnung auf eine erweiterte Zulassung für Sars, weil in einer kleinen Studie mit Lungenkranken neun von zwölf Patienten auf das Medikament angesprochen hatten. Da auch Sars eine virusbedingte Lungenerkrankung ist, könnte das Medikament auch bei Sars wirken. Erdmann steht in ständigem Kontakt mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und chinesischen Behörden. „Wir möchten das Mittel an einem Sars-Patienten testen – dann könnten wir schon nach drei Tagen sehen, ob es wirkt“, sagt Erdmann.
Abwarten, wie es wirkt
Unterstützung bekommt das schwäbische Unternehmen vom Institut für klinische Virologie an der Universität Frankfurt (Main). Hans-Wilhelm Doerr, der Leiter des Instituts, hat Fiblaferon getestet. „Wir müssen jetzt abwarten, wie es wirkt“, sagte Doerr, der auch mit der WHO zusammenarbeitet.
Doerrs Favorit im Kampf gegen die Lungenkrankheit Sars ist aber ein anderes Medikament – eines, das ähnliche Inhaltsstoffe hat wie eine Lakritzschnecke: Es ist ein Extrakt aus der Süßholzwurzel mit dem Namen Glycyrrhizin. „In Zellkulturen wirkt das sehr gut gegen Sars“, sagt der Wissenschaftler, der diese Erkenntnis soeben im Fachblatt „Lancet“ veröffentlicht hat. Der Wurzelextrakt blockiert die Vermehrung von Viren. Jetzt muss Doerr nur noch herausfinden, ob das Mittel auch den weltweit 8400 Sars-Erkrankten helfen kann. „Ob es auch bei Patienten wirkt, ist eine andere Sache“, sagt der Wissenschaftler.
In Japan ist das Mittel Glycyrrhizin bereits gegen die Viruserkrankung Hepatitis C auf dem Markt. Jetzt müssen Mediziner testen, ob und in welcher Dosierung es auch bei Sars-Patienten eingesetzt werden kann. Wenn der Versuch erfolgreich wäre, könnte das Medikament frühestens in einem Jahr eine erweiterte Zulassung für Sars bekommen. Im Notfall könnten Ärzte es aber auch schon vorher einsetzen – dann allerdings nur auf eigene Gefahr.
Anderer Kandidat ist durchgefallen
Ein anderes Mittel, Ribavirin, das am Anfang als wirksamstes Mittel gegen Sars galt und am häufigsten eingesetzt wurde, hat die Frankfurter Virologen dagegen nicht überzeugen können.
Parallel zu der Suche nach geeigneten Behandlungsmethoden suchen Forscher in Instituten und Pharmakonzernen derweil nach zuverlässigen und schnellen Testverfahren für Sars. Tests des Berliner Robert-Koch-Instituts und des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin sind bereits im Einsatz. Ende Juli will auch der Schweizer Roche-Konzern einen eigenen Test auf den Markt bringen. Auch der US-Konkurrent Abbott Laboratories hofft, bald einen eigenen Test anzubieten.
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