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Sicher eingetütet. Es geht nicht nur darum, weniger E-Mails zu produzieren, sondern auch um Datenschutz.

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Wider die E-Mail-Flut: Sie haben Post

E-Mails sind Zeitfresser. Dabei könnte man sich bei jeder dritten sparen, sie zu lesen. Von Unternehmen ist kaum Hilfe zu erwarten. Wie Mitarbeiter die Flut dennoch managen.

Sie ist Mitarbeiterin von DB Training, dem Ausbildungs-Dienstleister der Deutschen Bahn in Frankfurt am Main. Immer wieder kommt es vor, sagt sie, dass eine dieser E-Mails in ihrem elektronischen Briefkasten landet: diffuser Betreff, mehrere Themen in einer Nachricht, schwer in ihr digitales Postfach einzusortieren. Und mit einem Rattenschwanz von Empfängern, die, wie sie, die Nachricht in Kopie erhalten und, wie sie, wahrscheinlich denken: Das betrifft mich doch gar nicht!

Wohl jeder, der das kostenlose, unkomplizierte Kommunikationsmittel E-Mail nutzt, ist immer wieder von solch überflüssiger Post genervt – und könnte gut auf E-Mails verzichten, deren Inhalt die Arbeit nicht wirklich voran bringt. Ganz zu schweigen davon, dass das Postfach täglich fast überzulaufen droht.

Zwei Stunden gehen für die Bearbeitung drauf

Nach einer Online-Studie der Akad-Hochschule in Leipzig von 2013, an der 2100 Beschäftigte teilnahmen, brauchen zwei Drittel der Befragten zwei Stunden pro Tag , um ihre E-Mails zu bearbeiten. Dabei halten die meisten Beschäftigten fast jede dritte Mail für unproduktiv. Fast jeder zweite Befragte fühlt sich selbst unproduktiv, wenn er einen großen Teil der Arbeitszeit mit E-Mails verbringt. Doch welche Regeln gibt es eigentlich für das Bearbeiten der elektronischen Post? Wie handhaben Unternehmen das? Bis wann müssen Mitarbeiter eine Anfrage beantwortet haben? Wer ist wann in CC: zu setzen? Sind E-Mails den ganzen Tag über zu checken? Und was können Mitarbeiter selbst tun, um der Flut Herr zu werden?

Viele E-Mails werden unbedacht verschickt. Häufig werden viel zu viele Adressaten CC: gesetzt und erhalten „Zur Kenntnis“ die Kopie einer Mail, deren Inhalt für sie gar nicht relevant ist.„Man reagiert, weil es einen Reiz gibt“, erklärt der Berliner Autor und Trainer für Zeitmanagement, Lars Baus. Nicht weil man eine Arbeit voranbringe. Die Folge: Wie bei Telefonanrufen, die man annimmt, obwohl es gerade überhaupt nicht passt, werden die E-Mail-Antworten „fahrig und fehlerhaft“, sagt Baus.

In Unternehmen ist die Handhabung selten geregelt

Wie E-Mail-Management bestenfalls aussieht, wann man erreichbar sein und wie schnell man reagieren muss, hängt stark vom Beruf ab. Jemand, der am Empfang arbeitet, hat seine E-Mails anders zu handhaben als ein Sachbearbeiter, eine Führungskraft oder ein Mitarbeiter, der oft unterwegs ist, und nur mobil erreichbar, sagt Baus.

Obwohl sich Kommunikation in Unternehmen ohne E-Mails kaum noch denken lässt, sind klare und einheitliche Regeln für die Mitarbeiter in vielen Betrieben nicht üblich. Das ist bei der Berliner Gasag (420 Mitarbeiter) so und auch beim Aufzugbauer Schindler (300 Mitarbeiter deutschlandweit).

Tipps zur externen Kommunikation per E-Mail gibt es dagegen für die 380 Mitarbeiter des Handyspiele- und Klingeltonanbieters Jesta Digital in der Spreestadt. „Wir weisen unsere Mitarbeiter darauf hin, lange Diskussionen per E-Mail zu vermeiden“, erklärt Sprecherin Julia Hornberg. Viele Sachverhalte ließen sich persönlich besser klären, das spare Zeit und Nerven.

Bei DB Training in Frankfurt ist aus dem allgemeinen Frust über unnötige und unklare E-Mails im vergangenen Sommer in Team-Arbeit „Ein kleiner E-Mail-Knigge“ entstanden, ein Ratgeber mit 16 Tipps für konzentrierteres Arbeiten und klarere Kommunikation. Ein wichtiger Punkt darin sind klar und deutlich formulierte Betreffzeilen, berichtet die Mitarbeiterin.

Auch für dass CC:-Feld gibt es dort eine Regel: „Zur Kenntnis“ sollte man eine E-Mail nur an Personen schicken, die die versendete Information wirklich benötigen. Wer gegenüber wem in welchem Fall informationspflichtig ist, werde in jedem Team anders geregelt – und könne auch vertraglich festgelegt werden.

Wer Adressen in das CC:-Feld eingibt, sollte wissen, dass er damit auch ein datenschutzrechtliches Minenfeld betritt. Denn: Die Adressen, die man dort einfügt, sind für alle Empfänger sichtbar. E-Mailadressen jedoch dürfen nur nach dezidierter Einwilligung an Dritte weitergegeben werden. Die Lösung: Will man eine E-Mail an viele voneinander unabhängige Empfänger senden, setzt man die E-Mail-Adressen in das Feld Blindkopie (BK:). So wird die Übertragung der einzelnen E-Mail-Adressen unterdrückt.

Auch Mitarbeiter können belangt werden

Hält man sich nicht daran, kann das Folgen haben, auch für den einzelnen Mitarbeiter: Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat im letzten Jahr ein Bußgeld gegen eine Mitarbeiterin verhängt, weil sie in einer E-Mail die Adressen von Kunden nicht entsprechend geschützt hatte. Unternehmen sind hier jedoch in der Pflicht, ihre Mitarbeiter in Datenschutz zu schulen. Findet das nicht statt, sagt der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix, haftet das Unternehmen, nicht der Mitarbeiter.

Die Unternehmen sind auch verpflichtet, eine sichere Infrastruktur für die E-Mail-Verwaltung und -kommunikation zur Verfügung zu stellen, erklärt Dix. Geschehe dies nicht, sei zunächst der Vorgesetzte oder der betriebliche Datenschutzbeauftragte anzusprechen. Hilft das nicht weiter, können sich Berufstätige – auch anonym – an Aufsichtsbehörden wenden.

Die DB Training-Mitarbeiterin ärgert sich weniger mit der Datensicherheit als mit der Datenflut herum. Um sie zu reduzieren, hat sie in ihrem E-Mail-Programm einen Filter angelegt. Nachrichten, die nur in Kopie geschickt werden, landen nun gar nicht mehr in ihrem Posteingang, sondern in einem CC:-Ordner – und sie reagiert, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Die 30 bis 50 verbleibenden E-Mails pro Tag, beantwortet sie nun bedeutend entspannter. Sorge etwas zu verpassen, hat sie nicht. Wenn es wirklich brennt, sagt sie, dann klingelt ganz sicher ihr Telefon.

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