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Wirtschaft: „Wie ein Drogentrip“ Was Menschen in turbulenten Zeiten fühlen

Herr Elger, wie stehen Angst und Geld zueinander in Beziehung?Geld ist ein sehr sensibles Thema.

Herr Elger, wie stehen Angst und Geld zueinander in Beziehung?

Geld ist ein sehr sensibles Thema. Wenn Sie Geld bekommen, aktivieren Sie Ihr Belohnungssystem. Es macht sie kritiklos, deswegen entscheiden Leute relativ rasch: Lieber nehmen sie 100 Euro jetzt als 110 Euro in einer Woche, obwohl der Zinssatz natürlich gewaltig ist. Das Belohnungssystem sucht nach der unmittelbaren Befriedigung und wenn die dann kommt – man hat Aktien, die Kurse steigen – dann ist das extrem positiv.

Können Sie das Belohnungssystem genauer erklären?

Bei diesem System handelt es sich um bestimmte Strukturen im Gehirn. Gewinnt jemand Geld, aktiviert er diese Regionen. Das können Aktiengewinne, ein Lottogewinn oder Auktionen bei Ebay sein. Kokain hat übrigens die gleiche Wirkung, es aktiviert diese Regionen maximal. Das momentane Auf und Ab an der Börse ist wie ein Drogentrip.

Und was passiert, wenn man Geld verliert?

Der Verlust von Geld ist schmerzhaft. Es wird in der Region des Gehirnes wahrgenommen, in der auch das Unangenehme des Schmerzes zur Aktivierung führt. Ein unspezifisches und unangenehmes Gefühl macht sich breit. Das kennt jeder: Gibt man Geld her und bekommt dafür eine Ware, die einem dem Preis nicht angemessen erscheint, also weniger Wert ist, ärgert man sich.

Nichts weiter?

Doch. Die Angst führt zu irrationalem Handeln. Die Menschen wollen das Furchtgedächtnis meiden und verkaufen beispielsweise völlig überstürzt ihre Aktien. Die Gefahr wird zwar vermieden, aber das Handeln bekommt eine ungewohnte und oft irrationale Eigendynamik. Zurzeit gibt es sehr viele Menschen, die involviert sind und die diesen „Schmerz“ permanent aktiviert haben.

Ist dies bei allen Menschen gleich?

Ob ein cooler Banker ähnlich empfindet, kann ich nicht beurteilen. Herr Ackermann würde sich ja nicht bei uns in den Kernspin legen. Aber es ist sicher so, dass bestimmte Berufsgruppen winzige genetische Veränderungen haben, die sie gegen solche Gefühle weniger sensibel machen. Dadurch bleibt ihnen die Rationalität des Handelns erhalten.

Kann man Rationalität auch trainieren?

Ich denke schon. Eine bestimmte Berufswahl erzieht zu einem bestimmten Denken. Und die Reflexe, die in unserem Gehirn ablaufen, können überbrückt werden.

Das Gespräch führte Jana Baurmann

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