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Jean-Claude Trichet.

© dapd

Wildbad Kreuth: Das Schweigen des Monsieur Trichet

Der Chef der Europäischen Zentralbank muss sich bei der CSU-Tagung in Wildbad Kreuth unangenehme Fragen gefallen lassen.

Von Robert Birnbaum

Wildbad Kreuth – Wenn er eine Idee davon vermitteln wollte, wie schwierig die Situation des Euro in den Augen seines obersten Hüters immer noch sein muss, dann darf der Auftritt von Jean-Claude Trichet bei der CSU im bayerischen Kreuth als gelungen gelten. Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) steht nämlich am Freitag vor der malerischen Kulisse des alten Wildbads und sagt – nichts. „I have no news on that“, er habe dazu nichts Neues zu verkünden, das ist alles, was der Franzose auf jede einzelne Frage antwortet, die ihm aus dem Kamerapulk heraus entgegenschallt, bis der Gastgeber, Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich, die Szene mit dem Verweis auf Trichets Redemanuskript abbricht und seinen Ehrengast ins wartende Auto geleitet.

Die Schweigsamkeit Trichets könnte allerdings auch damit zusammenhängen, dass er von den CSU-Abgeordneten nicht nur nett behandelt wurde. Kritische Fragen musste sich Trichet vor allem zu den massiven Stützungskäufen von Staatsanleihen anhören, mit denen die EZB Euro-Staaten mit Haushaltsschwierigkeiten unter die Arme gegriffen hat. Nach Auskunft von Teilnehmern wollten mehrere Abgeordnete hören, auf welcher Grundlage die EZB denn diese Geschäfte abwickle – vertraglich sind ihr nämlich Ankäufe von Staatsanleihen verboten. Trichets Erklärung, die Bank kaufe ja nicht direkt von den Staaten, sondern handele wie andere Institute auch am freien Markt damit, überzeugte die Kritiker nicht. Dass Trichet überhaupt erst auf Nachfrage auf das Thema einging, fand auch nicht jeder gut. „Er hätte doch wissen müssen, mit wem er hier spricht“, sagt ein Teilnehmer der Klausur.

Tatsächlich konzentrierte sich der EZB-Chef in seinem Vortrag auf eine Botschaft, die ihm so am Herzen liegt, dass er sie eingangs auf Deutsch zusammenfasst: „Wir haben in der EU eine Wirtschafts- und Währungspolitik“, sagte Trichet, mit Betonung auf dem „und“. Währungspolitisch habe sein Institut seine Schuldigkeit getan – die Preisstabilität für 331 Millionen Menschen im Euro-Raum sei garantiert. Nicht zufrieden ist Trichet nach wie vor mit der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft. „Leider hat diese zweite Säule erhebliche Defizite offenbart“, sagt der EZB-Chef, wie die Griechenlandkrise und ihre Folgeprobleme gezeigt hätten. In Sachen Transparenz und Überwachung von Haushaltsdisziplin seien Fortschritte erzielt worden, „aber wir dürfen nicht auf halbem Weg stehen bleiben“. Notwendig sei ein effektives und striktes Rahmenwerk für die Wirtschaftspolitik, ein, wie Trichet formuliert, „für alle Beteiligten verbindlicher Katalog von Verhaltensregeln“.

Bei der CSU stieß der Appell offene Türen ein. Die Bayern sind schließlich sehr dafür, dass – wie Friedrich anschließend betont – alle Euro-Partner auf „die deutsche Stabilitätskultur“ einschwenken. Sie sind zugleich strikt dagegen, dass sich eine europäische Wirtschaftsregierung womöglich mit Sitz in Brüssel entwickelt. Abstimmung im Groben sei wichtig, sagt Friedrich, aber die Einzelentscheidungen müssten bei den nationalen Regierungen verbleiben.

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