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Wirtschaft: Willkommene Ratschläge

Berlin Partner hilft neuerdings Betrieben bei Problemen mit der Verwaltung – und erntet dafür viel Lob

In den Abteilungen für Wirtschaftsförderung der Berliner Bezirke ist das Personal wegen der Sparzwänge knapp, die Mitarbeiter und die zuständigen Stadträte sind für Unterstützung dankbar. Dennoch hielt sich in manchen Rathäusern die Begeisterung in Grenzen, als die Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner vor einiger Zeit ankündigte, je einen Mitarbeiter in alle Bezirksverwaltungen zu entsenden. „Wir haben das zunächst kritisch gesehen“, sagt die Steglitz-Zehlendorfer Wirtschaftsstadträtin Barbara Loth (SPD). Sie hätte vom Senat lieber eine zusätzliche Arbeitsstelle in ihrer Wirtschaftsförderung bekommen. Doch ein halbes Jahr nach dem Start des sogenannten Unternehmensservices habe der neue Kollege von Berlin Partner „alle positiv überrascht“, lobt die Stadträtin.

Ingeborg Lagenstein, Geschäftsführerin der Karl Schuke Berliner Orgelbauwerkstatt GmbH in Zehlendorf-Süd, bestätigt diesen guten Eindruck: Nach zwei persönlichen Gesprächen gebe es jetzt regelmäßige E-Mail-Kontakte mit dem Unternehmensbetreuer: „Das funktioniert gut, und wir bekommen schnell Rückmeldungen.“ Dem Traditionsbetrieb geht es um Fördermittel für eine Solaranlage, die im Rahmen einer Vergrößerung des Firmensitzes und einer Dachsanierung geplant ist.

Wilhelm Schlemermeyer, Berliner Werksleiter des Medizintechnikunternehmens B. Braun Melsungen, beschreibt die neuen Ansprechpartner als „glaubwürdig und professionell“. Die weltweit tätige Firma will ihre Mitarbeiterzahl in Rudow von 300 auf 320 erhöhen. Berlin Partner habe ihn mit dem Deutschen Herzzentrum und Firmen im Technologiepark Adlershof „zusammengebracht“, sagt Schlemermeyer. Aus Friedrichshain nach Adlershof umziehen will derweil der Autozulieferer Freudenberg. Laut einer Firmensprecherin half Berlin Partner „umfassend bei der Standortsuche und der Finanzierung“. Im Mai wurde der Grundstein für den Neubau gelegt.

Der Tempelhof-Schöneberger Bürgermeister Ekkehard Band (SPD) sagt, zu zahlreichen Firmen in seinem Bezirk gebe es nun Kontakte, die man bisher „mangels Masse“ nicht habe pflegen können. Die bezirkliche Wirtschaftsförderung hat fünf Mitarbeiter. In der City- West kam es zur Arbeitsteilung: „Unser Schwerpunkt waren immer die Einkaufsstraßen“, sagt der Charlottenburg-Wilmersdorfer Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte (SPD), „dafür haben wir die Bestandspflege der Industrie etwas vernachlässigt und nur auf Anfragen reagiert, wenn Hilfe benötigt wurde.“ Die Beraterin von Berlin Partner besuche dagegen Unternehmen diverser Branchen.

Ob die Firmen die kostenfrei angebotene Unterstützung in Anspruch nehmen wollen, spielt dabei zunächst keine Rolle – zumal sich dies manchmal erst im Laufe der Gespräche herausstellt. In Steglitz- Zehlendorf gehen Stadträtin Loth und der Leiter der Wirtschaftsförderung oft mit in die Firmen. Die ursprüngliche Befürchtung, der Berlin-Partner-Berater werde nur Arbeitsaufträge einsammeln und diese dem Bezirk zur Abarbeitung übergeben, bestätigte sich nicht: „Diese Sorgen sind uns genommen worden“, sagt Loth. Stattdessen könne sich die eigene Wirtschaftsförderung jetzt mehr auf eine Reihe von Projekten konzentrieren, die man mit EU-Fördermitteln umsetzen wolle – dafür stünden zwei Festangestellte und mehrere Projektmitarbeiter zur Verfügung. Die Betreuung einzelner Unternehmen wurde weitgehend Berlin Partner überlassen. Firmen, die langjährige Kontakte zum bezirklichen Amtsleiter haben, behalten ihn jedoch als Ansprechpartner. Die Regel lautet, persönliche Bindungen beizubehalten. „One face to the customer“, heißt der englische Fachbegriff dafür.

In den Bezirksverwaltungen sitzen die neuen Kollegen nicht in den Büros der Wirtschaftsförderungen, aber in derselben Etage oder zumindest im selben Haus. In Mitte nehme die Unternehmsbetreuerin unter anderem am wöchentlichen „Jour fixe“ seiner Mitarbeiter teil, sagt Wirtschaftsstadtrat Carsten Spallek (CDU). Wenn sich ein Unternehmen hilfesuchend melde, „informiert man sich gegenseitig“. Die zusätzliche Hilfe bedeute einen „Quantensprung“, bisher habe die Wirtschaftsförderung mit zwei bis drei Mitarbeitern auskommen müssen. „Jetzt können wir mehr in die Breite gehen.“ Spallek hält die Beteiligung von Berlin Partner für „risikolos“, schließlich könne man den Vertrag mit sechsmonatiger Frist zum Jahresende kündigen. Außerdem entstünden dem Bezirk keine Kosten – außer für die zur Verfügung gestellten Räume.

Bei der Personalauswahl haben die Bezirke ein Vetorecht. Deshalb ist in Spandau noch kein Abgesandter von Berlin Partner tätig. Laut Bürgermeister Konrad Birkholz (CDU) war der einzige Kandidat nicht qualifiziert genug und „erst seit eineinhalb Jahren mit dem Studium fertig“. Birkholz’ Bedenken führten zur Neuausschreibung des Postens. In der kommenden Woche sollen sich drei weitere Bewerber, die Berlin Partner ausgewählt hat, im Rathaus Spandau vorstellen. Birkholz betont, er sei „immer einer der Befürworter“ des Projekts gewesen: „Ich finde die Idee völlig in Ordnung und prima.“ In Spandau „brauchen wir mehr Leute, die sich um den Mittelstand kümmern“. Berater, die selbst aus der freien Wirtschaft stammen und sich darin auskennen, seien häufig „beweglicher“ als Verwaltungskräfte.

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