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Wirtschaft: „Wir haben das Marketingprinzip der Billigflieger übernommen“

Thomas-Cook-Chef Wolfgang Beeser über die Konkurrenz in der Luft und die Reisegewohnheiten der Deutschen

Die Konjunktur läuft schleppend. Bekommt das auch die Reisebranche zu spüren?

Die Wirtschaftsdaten geben tatsächlich kaum Anlass zur Freude. Trotzdem rechnen wir für das Reisegeschäft in diesem Jahr mit einem Wachstum von zwei bis vier Prozent. Zurzeit läuft es bei Thomas Cook sogar etwas besser. Trotz der Flutwelle in Asien und der daraus resultierenden generellen Buchungszurückhaltung war auch die Wintersaison zufriedenstellend.

Die Flutwelle hat das Reisegeschäft hart getroffen. Wie hoch sind abgesehen vom menschlichen Leid die wirtschaftlichen Schäden für Thomas Cook?

Das ist noch nicht genau abzusehen. Die Evakuierung unserer Gäste hat etwa eine Million Euro gekostet. Allerdings muss man auch die mittel- und langfristigen Auswirkungen betrachten, da es in Regionen wie etwa Khao Lak noch einige Zeit dauern wird, bis die vorherigen Gästezahlen wieder erreicht werden können. In jedem Fall werden wir noch einen weiteren nicht unbedeutenden Millionenbetrag zu verkraften haben.

Werden Reisen nach Thailand und Sri Lanka wieder nachgefragt?

Beide Ziele werden weiter gebucht, es ist ja nur ein Teil der jeweiligen Länder betroffen. In den von der Flutwelle verschonten Regionen geht das touristische Leben weiter. Und in den betroffenen Orten sollen die allermeisten Hotels bis 1.November wieder eröffnet sein.

Machen denn die Billigflieger Thomas Cook zu schaffen?

Wir bemerken teilweise eine Veränderung des Geschäfts. So stellen wir in Destinationen, die von Billig-Airlines angeflogen werden, eine vermehrte Nachfrage nach Hotels und Mietwagen fest.

Sie setzen mit ihrer Fluglinie Condor mittlerweile auch auf diese Schiene.

Condor hat das Geschäftsmodell der veränderten Situation angepasst. Wir haben das Vermarktungsprinzip der Billig-Airlines übernommen und bieten Tickets ab 29 Euro auf der Kurz- und Mittelstrecke und ab 99 Euro auf Langstrecken.

Das zahlt sich aus?

Ja, Condor hat 2004 ein Viertel mehr Einzeltickets verkauft, die Auslastung der Maschinen hat sich deutlich verbessert.

Geht das nicht zu Lasten der Pauschalreisen?

Das kann man nicht sagen, auch wenn individuell zusammengestellte Reisen hohe Wachstumsraten haben. Thomas Cook hat auch bei der Pauschalreise um vier Prozent zugelegt. Das belegt die ungebrochene Beliebtheit dieser Reiseform.

Die Deutschen verreisen heute öfter, aber dafür kürzer. Ein Nachteil für die Veranstalter?

Der durchschnittliche Reisepreis sinkt zwar, zuletzt waren es bei uns knapp 508 Euro. Das geänderte Reiseverhalten muss für die Veranstalter aber kein Nachteil sein, im Gegenteil. Schließlich können die Plätze im Flugzeug öfter verkauft werden. Die Maschinen werden besser genutzt.

Internet und Call-Center spielen auch für Reiseveranstalter eine immer bedeutsamere Rolle. Wie viel verkauft Thomas Cook mittlerweile über diesen Weg?

In Deutschland haben wir im Geschäftsjahr 2003/04 über diese Schiene 74 Millionen Euro umgesetzt, im gesamten Konzern waren es 500 Millionen Euro. Die Tendenz zeigt klar nach oben, in Deutschland lag das Plus zuletzt bei 80 Prozent. In diesem Jahr dürfte es ähnliche Steigerungsraten geben.

Was bedeutet das für die Reisebüros?

Diejenigen, die sich auf eine exzellente Beratung ausrichten, werden keine Existenzprobleme bekommen. Beratung wird das A und O. Wer in diesem Feld Schwächen zeigt, wird es schwer haben.

Das Gespräch führte Rolf Obertreis.

Wolfgang Beeser , Chef des Reiseveranstalters Thomas Cook , hat dem Konzern einen harten Sanierungskurs verordnet. Operativ schreibt Cook nun wieder schwarze Zahlen.

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