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Peter Ramsauer (56) ist tief verwurzelt in seiner oberbayrischen Heimat, was man auch hört. Er ist seit 1973 CSU- Mitglied und ist seit 1990 im Bundestag.

© Mike Wolff

Interview: Peter Ramsauer: „Wir können uns keinen Pannenflughafen leisten“

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer benennt im Interview die Probleme beim Bau des BBI – und dessen mäßige Zukunftsaussichten: „Mit nur zwei Landebahnen statt vier bei den bisherigen Flughäfen drohen Engpässe“

DER OBERBAYER

Peter Ramsauer (56) ist tief verwurzelt in seiner oberbayrischen Heimat, was man auch hört. Er ist leidenschaftlicher

Pianist, Müllermeister, promovierter Staatswissenschaftler, Unternehmer – und entfernt verwandt mit der Schauspielerin Sandra Bullock. Ramsauer ist verheiratet und hat vier Kinder.

DER POLITIKER

Er ist seit 1973 CSU- Mitglied und ist seit 1990 im Bundestag. Von 2005 bis 2009 war er Chef der CSU- Landesgruppe. Er sitzt in Präsidium und Vorstand seiner Partei.

DER MINISTER

Seitdem Schwarz-Gelb regiert, führt Ramsauer das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das unter den Ressorts den größten Investitionsetat hat.

Herr Minister, wofür braucht man eine Messe wie die Ila überhaupt?

Der Luftverkehr ist von herausragender Bedeutung. Von der Branche hängen 850 000 Arbeitsplätze ab. Ich habe von meinen Professoren an der Universität gelernt, alle kaufmännischen Tätigkeiten vom Absatz her zu denken. Das ist bis heute meine Philosophie. Messen sind Schaufenster und führen zu mehr Absatz. Das ist bei der Ila nicht anders als bei der Internationalen Automobil-Ausstellung. Wir müssen darauf achten, dass wir solche markanten Leitmessen und die dahinterstehenden Branchen bestmöglich präsentieren. Davon werde ich mir morgen bei der Eröffnung selbst ein Bild machen.

Wie bewerten Sie, dass die Ila der Region Berlin nun doch erhalten bleibt?

Gut, dass noch vor der Eröffnung der Ila eine klare Standortentscheidung gefallen und damit die Fortführung der internationalen Luftfahrtschau in Deutschland gesichert ist. Das ist ein wichtiges Signal für die Region und den Flughafenstandort Berlin-Brandenburg.

Was versprechen Sie sich vom neuen Großflughafen BBI?

Für mich ist Berlin nicht nur Hauptstadt, sondern eine bedeutende Metropole mit glänzenden Perspektiven. Mit dem BBI entsteht ein Tor zur Welt: sowohl für die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg als auch für den gesamten Luftverkehrs- und Logistikstandort Deutschland. Wenn aber die Zahl der Landebahnen insgesamt von vier bei den bisherigen Flughäfen auf zwei reduziert wird, sind Engpässe vorprogrammiert.

Wie beurteilen Sie die mögliche Verzögerung der Fertigstellung?

Der Zeitplan war schon bisher außerordentlich ambitioniert. Die Flughafengesellschaft hat zudem über eine Reihe von Schwierigkeiten informiert. Dazu gehören die Folgen des harten Winters, die Insolvenz einer Planungsfirma und die neuen Sicherheitsvorgaben der EU. Die Prüfung des Zeitplans läuft noch. Eines ist klar: Mit der Eröffnung muss der reibungslose Betrieb sichergestellt sein. Darauf wird die Bundesregierung sehr genau achten. Schließlich ist der Bund mit 26 Prozent auch Anteilseigner der Flughafengesellschaft.

Um welche Vorgaben der EU geht es?

Künftig sollen zum Beispiel andere Scanner zum Einsatz kommen als bisher. Die Passagiere können dann möglicherweise wieder Flüssigkeiten mit an Bord nehmen. Aber die neuen Scanner brauchen mehr Platz. Das stellt die Flughäfen vor große Herausforderungen.

Provisorien akzeptieren Sie beim BBI also nicht.

Ich habe in meinem Leben schon viel gebaut. Es gibt immer Provisorien. Wenn man erst einzieht, sobald der letzte Wandschmuck hängt, dann wird man nie einziehen. Es muss also einen Punkt geben, auf den man hinarbeitet. Aber ich sage ganz klar: Der Betriebsablauf muss tadellos funktionieren. Das ist für die Sicherheit ebenso wie für den Ruf des BBI zwingend notwendig. Wir können uns keinen Pannenflughafen leisten.

Fühlen Sie sich denn ausreichend und frühzeitig genug über mögliche Verzögerungen informiert?

Im Aufsichtsrat ist mein Haus mit einem Staatssekretär vertreten, mit dem ich laufend im Gespräch bin und auf den ich mich verlasse. Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Aufsichtsrat nicht angemessen informiert wurde.

Ist die Hoffnung berechtigt, dass aus dem BBI das dritte große Drehkreuz neben Frankfurt am Main und München wird?

Die entscheidende Frage ist doch vielmehr, wo die großen Drehkreuze für Interkontinentalflüge liegen werden. Die Emirate setzen alles daran, als Drehkreuze zwischen Europa und anderen Kontinenten zu fungieren. Schauen Sie sich nur die enormen Bestellungen der drei Fluggesellschaften aus der Golfregion an. Da ist es schwierig, neben London, Paris und Frankfurt am Main ein weiteres großes Drehkreuz in Zentraleuropa zu etablieren. So etwas können Sie nicht verordnen. Ich will wirklich alles für Berlin tun, aber eine Marktstellung lässt sich nicht erzwingen.

Müsste Berlin dann nicht eher auf Emirates als auf Lufthansa setzen?

Berlin muss möglichst viele internationale Verbindungen haben. Die heimischen Fluggesellschaften, also Lufthansa und Air Berlin, sind die wichtigsten. Flughäfen haben das Interesse, auch mit anderen Nachfragern ins Geschäft zu kommen. Und die Fluggesellschaften am Golf bestürmen mich regelrecht, zusätzliche Flugrechte einzurichten.

Werden Sie das tun?

Die Notwendigkeit neuer Flugrechte in strategischem Umfang sehe ich derzeit nicht. Die Zeit ist nicht reif dafür, den Flugmarkt weiter zu öffnen, auch weil die Nachfrage momentan nicht vorhanden ist. So stark wächst der Markt nicht. Emirates könnte übrigens jederzeit eine Frequenz auf Berlin umwidmen, verzichtet aber darauf. Das zeigt, dass Berlin ein Verdrängungs- und kein Wachstumsmarkt ist.

Es wird viel über Elektroautos geredet, aber das saubere Fliegen bleibt ein Traum, oder?

Auf der Expo für nachhaltige Mobilität wurde bereits ein Elektroflugzeug vorgestellt. Die modernen Passagierjets – etwa der A 380 – verbrauchen pro Passagier nur noch drei Liter Kerosin auf 100 Kilometern. Wir werden die Luftfahrt übrigens auch in den Emissionshandel einbeziehen. Zudem hat sich die Triebwerkstechnik enorm weiterentwickelt. Flugzeuge sind heute viel sauberer und leiser, als gemeinhin behauptet wird. Und auf europäischer Ebene werden wir den Single European Sky weiter vorantreiben. Der gemeinsame europäische Luftraum ist eine wesentliche Voraussetzung für ein besseres Luftverkehrsmanagement. Kürzere Flugrouten, Treibstoffeinsparungen von bis zu zwölf Prozent und die damit verbundene Verminderung von CO2-Emissionen sorgen für mehr Klimaschutz im Luftverkehr.

Im Koalitionsvertrag steht, dass Sie die Privatisierung der Flugsicherung prüfen wollen. Wie steht es damit?

Ich selbst bin zwar Ökonom, aber ich gehöre nicht zu den größten Privatisierungsbefürwortern. Das ist bei der Flugsicherung genauso wie bei der Bahn. Ich hätte auch einen Anteil an der Lufthansa behalten. Öffentliche Wirtschaft ist besser als ihr Ruf.

Das Interview führte Moritz Döbler.

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