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Wirtschaft: "Wir kommen weg vom letzten Platz"

Herr Seidel, Ihr Bundesland hat die höchste Arbeitslosenquote Deutschlands. Klingt da die Debatte über Vollbeschäftigung nicht wie Hohn in Ihren Ohren?

Herr Seidel, Ihr Bundesland hat die höchste Arbeitslosenquote Deutschlands. Klingt da die Debatte über Vollbeschäftigung nicht wie Hohn in Ihren Ohren?

Keinesfalls. Ich habe überhaupt keinen Zweifel daran, dass man auch in unserem Land Vollbeschäftigung erreichen kann.

Was macht Sie so optimistisch?

Die Tatsache, dass seit zwanzig Monaten die Zahl der Erwerbslosen zurückgeht und wir bereits zwei Landkreise haben, die eine Arbeitslosenquote von unter elf Prozent haben, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Andere Landkreise haben eine Quote von fünf Prozent und weniger.

Mecklenburg-Vorpommern hat, wie auch andere ostdeutsche Länder, seit der Wiedervereinigung schwere strukturelle Brüche durchlebt. Früher waren bei uns etwa mehr als 200 000 Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt. Heute sind es nur noch 22 000. Es dauert, diesen Wandel in den Griff zu bekommen.

Wie wollen Sie das schaffen?

Wir haben derzeit einen unterdurchschnittlichen Anteil am verarbeitenden Gewerbe. Dafür haben wir überproportional viele Saisonarbeitsplätze, etwa im Tourismus. Wir müssen es schaffen, davon unabhängiger zu werden, indem wir mehr Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe bei uns ansiedeln und bestehende beim Ausbau fördern.

Gerade die Industrie klagt über Fachkräftemangel – gibt es den auch bei Ihnen?

Es stimmt, wir haben heute schon teils Schwierigkeiten bei der Nachwuchssicherung. Durch den demografischen Wandel wird dieses Phänomen zunehmen: Die Zahl der Schulabgänger wird sich bis 2010 halbieren. Wir nutzen alle Möglichkeiten, an den Gymnasien und an den Hochschulen für unser Land zu werben, damit die, die da sind, bleiben. Zum anderen versuchen wir, Fortgegangene zurückzuholen.

Sie könnten doch einen Teil der heute noch rund 140 000 Arbeitslosen einsetzen.

Leider lässt sich nicht jede Stelle eins zu eins besetzen. Aber es ist richtig: Wir müssen noch mehr in die Weiterbildung und Nachqualifizierung der heutigen Arbeitslosen investieren, um sie besser einsetzen zu können. Der Bereich Bildung ist ohnehin unser Schwerpunkt im weiteren Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Und natürlich muss die Konjunktur weiterhin gut laufen.

Wann werden wir dann Vollbeschäftigung in Mecklenburg-Vorpommern sehen?

Wie schnell das geht, kann ich nicht einschätzen, aber ich bin mir sicher: Den letzten Platz bei den Arbeitslosenzahlen werden wir in den kommenden zwei Monaten abgegeben haben. Das verspreche ich.

Jürgen Seidel (CDU, 59) ist Arbeits- und

Wirtschaftsminister sowie stellvertretender Ministerpräsident von Mecklenburg-

Vorpommern.

Mit ihm sprach

Yasmin El-Sharif.

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