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Wirtschaftskrise: Im tiefen Tal

Die Rezession wird noch härter, warnen Forscher. Die Zahl der Arbeitslosen könnte bis zum Jahresende auf mehr als vier Millionen steigen.

Berlin - Deutschland wird die Wirtschaftskrise bald deutlich stärker spüren als bislang – vor allem auf dem Arbeitsmarkt. „Noch haben wir durch Kurzarbeit und Arbeitszeitkonten einen Puffer“, sagte Gustav Horn, Chef des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), am Dienstag in Berlin. „Aber der wird nicht ewig reichen.“ Dann werde die Bundesrepublik zu den Ländern gehören, die weltweit am stärksten von der Rezession betroffen seien. „Nur Irland, Italien und Japan sind schlechter dran“, befand er.

Für die deutsche Konjunktur zeichnete der gewerkschaftsnahe Ökonom ein düsteres Bild. Die Wirtschaftsleistung werde um 2,4 Prozent schrumpfen, ohne die staatlichen Ausgabenprogramme wären es drei Prozent gewesen. Vermutlich müsse man diese Vorhersage noch weiter absenken, sagte Horn. Die Zahl der Arbeitslosen werde bis zum Jahresende auf mehr als vier Millionen steigen.

Der wichtigste Grund für Deutschlands Probleme sei die Abhängigkeit vom Export. Der Binnenkonsum könne die Ausfälle nicht wettmachen – zumal jene, die ihre Stelle verlören, nach einem Jahr nur noch Arbeitslosengeld I erhielten. „Das schwächt die Nachfrage zusätzlich“, befand Horn. Zu befürchten sei, dass die Konjunktur nicht in der zweiten Jahreshälfte anspringe. Erst im Laufe von 2010 werde es eine „Bodenbildung“ geben.

Der IMK-Chef sieht angesichts der Krise die Wirtschaftspolitik vor einem „fundamentalen Theoriewechsel“. Es zeige sich, dass der Staat auf den Märkten als starker Regulierer auftreten müsse. Die Theorie des Ökonomen John Maynard Keynes, der zufolge deregulierte Märkte zur Instabilität neigen, habe sich nun bewahrheitet, nachdem sie lange Zeit nicht salonfähig gewesen sei.

Zudem zeige sich nun, dass man der Krise nur mit einer weltweit abgestimmten Regulierung der Finanzmärkte begegnen könne. Er gehe davon aus, dass es auf dem Gipfel der 20 wichtigsten Industrieländer in London im April „drastische Beschlüsse“ geben werde.

Horn verlangte eine international abgestimmte Politik als Reaktion auf die Krise. „Am besten wäre ein weltweites Konjunkturprogramm“ schlug er vor. Deutschland müsse sich zudem weniger auf den Export konzentrieren. „Wir brauchen eine Stärkung der Binnennachfrage.“ So könne etwa die Steuerpolitik den Konsum entlasten.Und es müsse Mindestlohnregeln geben, damit die Bezahlung von Geringverdienern in Krisen nicht weiter unter Druck gerate. Carsten Brönstrup

Carsten BrönstrupD

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