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Keitel

© dpa

Wirtschaftskrise: Industrie fordert Entzug

Deutschland dürfe auch in der Rezession nicht staatssüchtig werden, warnt der neue BDI-Präsident.

Berlin - Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat das zweite Konjunkturpaket der Bundesregierung begrüßt, zugleich aber vor zu hohen Erwartungen an den Staat gewarnt. „Wir dürfen nicht aus Angst staatssüchtig werden und die Kraft des Marktes verkennen“, sagte der neue BDI-Präsident Hans-Peter Keitel am Donnerstag in Berlin. Die Regierung habe sinnvolle Schwerpunkte gesetzt und kurzfristig richtig auf die Finanz- und Wirtschaftskrise reagiert – vor allem mit direkten Investitionsprogrammen. Eine Rezession gleichzeitig in allen Weltregionen und Branchen habe es noch nicht gegeben. Langfristig sei aber wichtig, dass die Wirtschaft schnellstmöglich auf einen „höheren Wachstumspfad“ gelange. Nur so könnten die neuen Schulden wieder abgebaut und zugleich Spielraum für eine steuerliche Entlastung der Unternehmen gewonnen werden.

Im laufenden Jahr erwartet der BDI eine Fülle schlechter Nachrichten. „Die Dramatik der Situation wird erst in den kommenden Wochen und Monaten voll sichtbar werden“, sagte Keitel. Es sei viel zu früh, jetzt schon auf die Wirkungen des Konjunkturpakets der Regierung zu vertrauen. Das Ausmaß der Verwerfungen an den Finanzmärkten lasse sich noch immer nicht beziffern. Eine konkrete Wachstumsprognose will der Verband nicht abgeben. „Wir verzichten darauf, eine eigene Zahl in die Welt zu setzen“, sagte der BDI-Präsident. „Katastrophenszenarien von minus vier Prozent sind nicht nur unwahrscheinlich, ich halte sie auch für fahrlässig.“ Ein Rückgang des Bruttoinlandsproduktes in der Größenordnung von zwei Prozent sei aber wohl realistisch – „bei großer Anstrengung“, wie Keitel hinzufügte. In diesem Ausblick seien die Wirkungen des Konjunkturprogramms schon enthalten.

Die vorläufige Krisenbilanz des BDI deckt sich mit der Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), wonach die deutsche Wirtschaft zu Jahresbeginn weiter in eine Rezession rutscht. Für das erste Quartal sei im Vergleich zum Vorquartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozent zu rechnen, teilte das Institut am Donnerstag mit. Damit wäre die Abschwächung nicht ganz so stark wie im vierten Quartal 2008, für das das DIW ein Minus von 1,0 Prozent erwartet. Die Zahlen der ersten drei Quartale dürften aber noch korrigiert werden, entsprechend seien auch Änderungen bei den prozentualen Vergleichsangaben zu erwarten. Das Statistische Bundesamt hatte für das vierte Quartal ein Minus von 1,5 bis 2,0 Prozent geschätzt.

BDI-Präsident Keitel warnte die Bundesregierung davor, die Neuverschuldung weiter in die Höhe zu treiben. „Mit dem verbindlichen Bekenntnis zur Schuldenbremse ist die Koalition auf dem richtigen Weg“, sagte er. Die Regierung müsse deutlich machen, dass es keinen Spielraum mehr für weitere Ausgaben oder gar ein weiteres Konjunkturprogramm gebe. Auch lehne der BDI direkte Staatsbeteiligungen an Produktionsunternehmen strikt ab. „Bei den Banken müssen wir andere Kriterien anlegen“, schränkte Keitel ein. Die Geldhäuser seien für die Finanzversorgung der Wirtschaft wichtig. „Ich wünsche mir aber, dass komplette Verstaatlichungen vermieden werden“, sagte der BDI-Präsident mit Blick auf die in Berlin offenbar diskutierte Komplettübernahme des angeschlagenen Immobilienfinazierers Hypo Real Estate.

Keitel riet der Politik generell, im Superwahljahr 2009 keine falschen Erwartungen zu wecken. „Sie darf den Menschen nicht vorgaukeln, der Staat könne die Situation alleine beherrschen.“ mot

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