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Werbung

© Kitty Kleist-Heinrich

Wirtschaftskrise: Weniger Werbung

Nach einem mageren Jahr 2008 bereiten sich Agenturen und Medien auf die Rezession vor. Die wichtigsten Werbekunden - Autokonzerne, Banken und Finanzdienstleister - fahren ihre Werbeetats deutlich zurück.

Berlin - Werber sind Berufsoptimisten. Wenn andere „Abschwung“ sagen, sprechen die Marketingleute von „Negativwachstum“. Kurz vor dem Jahresende tun sich die Agenturchefs und Verbandsvertreter jedoch schwer mit der Leichtigkeit. Die Finanzkrise wächst sich zu einer handfesten Weltwirtschaftskrise aus, und an den Werbeausgaben der Unternehmen lässt sich schon heute ablesen, wie schlimm der Abschwung wird. „Prognosen haben derzeit ein niedriges Verfallsdatum“, sagt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Dass es abwärtsgehe, sei indes sicher. „Wir werden 2008 bei einer Stagnation oder einem leichten Minus bei den Werbeinvestitionen landen.“ Vor vier Wochen hatte der ZAW noch ein Wachstum von 0,3 Prozent im Gesamtjahr vorausgesagt – unter der Bedingung, dass der Dezember ein guter Monat wird.

„Aber das Weihnachtsgeschäft ist nicht so gut gelaufen wie erhofft“, sagt Nickel. 2008 werden demnach in Deutschland wohl nur knapp 30 Milliarden Euro (2007: 30,78 Milliarden Euro) für Werbung ausgegeben. Im kommenden Jahr sollen es laut ZAW noch einmal „ein bis zwei Prozent“ weniger sein.

2008 ist damit für die Branche das erste Minusjahr seit 2003. Die Dienstleister des schönen Scheins ahnen, dass die Zukunft schwierig wird. „Wenn die Honorarumsätze 2009 stabil bleiben, wäre das schon ein Erfolg“, sagt Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Kommunikationsagenturen (GWA). Gleiches gelte für die Beschäftigung. „Einen negativen Schneeballeffekt können wir natürlich nicht ausschließen.“ Anders als beim Platzen der New-Economy-Blase 2001 seien die Firmen aber diesmal auf die Krise vorbereitet. „Viele haben ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Vieregge. Im GWA sind 130 Agenturen organisiert, die – Tochterfirmen inklusive – etwa 80 Prozent des deutschen Werbemarktes abbilden und 40 000 feste und freie Mitarbeiter haben. Auch bei seiner Prognose für den gesamten deutschen Werbemarkt bleibt der GWA-Hauptgeschäftsführer vorsichtig: „Wir hoffen, dass wir etwas besser als die Volkswirtschaft insgesamt abschneiden.“ Die könnte um bis zu 2,5 Prozent schrumpfen.

Schuld am Sparkurs der Werbebranche sind vor allem Autokonzerne, Banken und Finanzdienstleister, die 2008 – neben dem Einzelhandel – für die Werbe- und PR-Agenturen die umsatzstärksten Branchen waren. Gebeutelt von der Finanz- und Absatzkrise streichen die Konzerne ihre Budgets zusammen. Der Anteil der Unternehmen, die 2009 ihre Werbeausgaben kürzen werden, wird in der Branche auf bis zu 80 Prozent geschätzt. Zehn Prozent weniger gaben zuletzt schon die Autokonzerne aus – Tendenz fallend. Somit wankt eine Säule des Werbemarktes: Allein auf den Automarkt entfielen im vergangenen Jahr knapp 1,55 Milliarden Euro der Werbeausgaben.

„Erste Bremsspuren sind insbesondere bei den klassischen Werbeausgaben unübersehbar“, sagt Frank-Michael Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Scholz & Friends-Gruppe. Nicht nur in den Autokonzernen sei der „Legitimationsdruck hinsichtlich aller Marketingaktivitäten“ größer geworden. „Das Marketing-Controlling der Unternehmen wird immer professioneller.“ Effizienz – der „Return on Marketing-Investment“ – werde deshalb 2009 das Zauberwort der Werbewirtschaft. Agenturen, die dieses Bedürfnis „multidisziplinär“ befriedigen könnten, seien für die Krise besser gewappnet. Andere, die von der klassischen Werbung und wenigen Kunden abhingen, würden Probleme bekommen, es werde auch Insolvenzen geben. „Alle Werbeinstrumente, die nah am konkreten Kaufakt liegen – Direktmarketing, Promotions, Händlerunterstützung – werden an Bedeutung gewinnen. Klassische Imagewerbung hingegen verliert an Gewicht“, sagt Schmidt.

Leidtragende sind die Medien, die schon 2008 laut ZAW auf 140 Millionen Euro an Werbeeinnahmen verzichten müssen. Auf 20,6 Milliarden Euro (minus 0,7 Prozent) dürften sich die Nettowerbeeinnahmen von Zeitungen, Zeitschriften, TV- und Radiosendern 2008 belaufen. „Die klassischen Werbeträger, Print und TV, werden 2009 stärker unter Druck stehen“, glaubt Scholz & Friends- Chef Schmidt. Eine Studie der Beratungsfirma Pricewaterhouse-Coopers (PwC) sieht die TV-Sender, die 2007 gut 43 Prozent des deutschen Werbemarktes für sich beanspruchen konnten, besonders gefährdet. Ihre Werbeerlöse dürften laut PwC um 4,8 Prozent einbrechen. Immerhin: Der Online-Werbung prophezeit die Studie weiterhin Wachstum.

Je düsterer die Prognosen, desto lauter werden indes die Warnungen vor Horrorszenarien. „Was die Binnennachfrage betrifft, müssen wir aufpassen, dass die Krise im Kopf nicht zu einer Krise in der Realität wird“, sagt Agenturchef Schmidt. Im Unterschied zu den US-Verbrauchern sei die Mehrheit der deutschen Haushalte nicht überschuldet, sondern verfüge über gut gefüllte Sparkonten. „Sofern wir nicht in eine Angstspirale hineingeraten, wird das ein Fundament für den privaten Konsum 2009 sein“, glaubt Schmidt.

Für Scholz & Friends selbst ist der Chef ebenfalls optimistisch. 2008 habe die Gruppe, die 250 Kunden betreut und europaweit 800 Mitarbeiter hat, alle Ziele erreicht. „Unser Honorarumsatz wird bei mehr als 130 Millionen Euro liegen. Auch für 2009 planen wir mit einem moderaten Wachstum“, sagt Schmidt. „Auch, wenn die Marketingkommunikationsausgaben in der Summe sinken werden, bedeutet das nicht, dass alle Agenturen im Fahrstuhl nach unten sitzen.“

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