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Portrait von Gerhard Schick, Bündnis 90 Die Grünen.

© imago/IPON

Wirtschaftsprüfer: „Ein klarer Sieg für die Lobby“

Stecken die Wirtschaftsprüfer mit den Unternehmen, deren Bilanzen sie kontrollieren, unter einer Decke? Die Grünen üben Kritik.

Es geht um millionenschwere Mandate und ein riesengroßes Misstrauen. Stecken die Wirtschaftsprüfer mit den Unternehmen, deren Bilanzen sie kontrollieren, unter einer Decke? „In der Finanzkrise erwiesen sich die Testate der namhaften Gesellschaften als wertlos“, meint zumindest Gerhard Schick, der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. „Daran wird sich auch nichts ändern“, glaubt der Vizechef des Bundestags-Finanzausschusses. Eine EU-Reform, die Änderungen bringen könnte, würden Union und SPD torpedieren, kritisiert Schick.

Tatsächlich platzte zur Zeit der Finanzkrise manche Bombe, die in den Bilanzen der Banken geschlummert hatte – unbemerkt von den Wirtschaftsprüfern, die sich die Abschlüsse der Kreditinstitute angesehen und für „sauber“ erklärt hatten. Das hat nicht nur das Ansehen von Unternehmen wie Deloitte, EY, PricewaterhouseCoopers (PWC) und KPMG beschädigt, sondern auch die EU-Kommission zu gesetzlichen Reformen bewogen. Neue Verordnungen aus Brüssel sehen vor, die oft jahrzehntelangen Geschäftsbeziehungen zwischen Prüfern und den von ihnen geprüften Unternehmen zu begrenzen.

Reichlich Raum für eigene Regeln

Sollten die Mitgliedstaaten keine anderen Regelungen treffen, muss nach den Vorstellungen Brüssels nach spätestens zehn Jahren ein anderes Prüfunternehmen zum Zuge kommen. Um Gefälligkeitsgutachten zu vermeiden, sollen Gesellschaften, die mit der Abschlussprüfung betraut sind, neben dem Testat nicht noch zusätzliche Dienstleistungen übernehmen, etwa Steuerberatungsdienste.

Die Vorschriften aus Brüssel lassen den Mitgliedstaaten jedoch reichlich Raum, eigene Regeln zu setzen. Das hat die Bundesregierung genutzt. An diesem Donnerstag wird der Bundestag das Abschlussprüfungsreformgesetz verabschieden, mit dem die europäischen Regeln umgesetzt – und verwässert werden, wie Kritiker Schick meint. Statt zehn darf das Prüfmandat künftig 20 Jahre dauern. Sollten zwei Prüfgesellschaften für ein Unternehmen arbeiten, muss sogar erst nach 24 Jahren gewechselt werden. Nur für Banken und Versicherungen soll es eine Zwangsrotation nach zehn Jahren geben.

Ein Geschenk an die großen Konzerne

Für Schick ist die Reform nichts anderes als ein Geschenk an die großen vier Wirtschaftsprüfungskonzerne und ein „klarer Sieg für die Lobby“. Die großen vier – KPMG, PWC, EY und Deloitte – „sind offenbar too big to regulate“, ärgert sich Schick. „Ohne eine wirklich unabhängige und solide Prüfung der Bilanzen kann der Finanzmarkt nicht funktionieren.“

Gefälligkeitstestate, mangelnde Unabhängigkeit – Klaus-Peter Naumann kennt solche Vorwürfe seit Jahren. Und weist sie zurück. „Gefälligkeitsgutachten können sich Wirtschaftsprüfer nicht erlauben. Vertrauen ist ihr größtes Kapital“, sagt der Vorstandssprecher des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IdW), in dem die Branchenunternehmen versammelt sind. Dass solche Vermutungen aufkommen, führt Naumann auf ein Missverständnis zurück. „Wirtschaftsprüfer entscheiden nicht, ob ein Geschäftsmodell funktioniert“, betont er. „Ihre Aufgabe ist, auf Risiken hinzuweisen."

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