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Wirtschaft: Worldcom schickt Börse auf Crash-Kurs

New York/Berlin (pf/mot/hej). Die Pleite des amerikanischen Telekommunikationskonzerns Worldcom hat die Börsen am Montag in Turbulenzen gestürzt.

New York/Berlin (pf/mot/hej). Die Pleite des amerikanischen Telekommunikationskonzerns Worldcom hat die Börsen am Montag in Turbulenzen gestürzt. Der Dax schloss 5,15 Prozent schwächer, nachdem er zeitweise 6,5 Prozent eingebüßt hatte. Nach einer freundlichen Eröffnung beschleunigten sich auch die Kursverluste an der Wall Street. Der Dow Jones fiel um fast vier Prozent auf 7784 Zähler – dem tiefsten Stand seit Oktober 1998. Wegen ihres Engagements bei Worldcom gerieten auch Aktien einiger Banken unter Druck, darunter das Papier der Deutschen Bank, die Worldcom eine Milliarde Dollar geliehen hat. Anleger, die ihr Geld in Worldcom-Anleihen investiert haben, dürften einen Großteil ihres Kapitals verlieren.

Der mit 41 Milliarden Dollar verschuldete Telekom-Anbieter, der in den USA rund die Hälfte der Infrastruktur für das Internet zur Verfügung stellt, hatte in der Nacht zum Montag den Gläubigerschutz nach Kapitel elf des US-Konkursrechts beantragt. Danach ist es zahlungsunfähigen Unternehmen möglich, ihre Geschäfte auf begrenzte Zeit unter Aufsicht eines Richters fortzuführen. Das gibt den betroffenen Firmen die Möglichkeit, sich entweder aus eigenen Kräften oder mit fremder Hilfe zu reorganisieren. Der Fall Worldcom ist mit Abstand die größte Pleite in den Vereinigten Staaten.

Worldcom war in den 90er Jahren nach dem Kauf von mehr als 60 Unternehmen zum zweitgrößten Telefon- und Internetanbieter der USA aufgestiegen. Nach der erfolgreichen Übernahme des Telefonkonzerns MCI im Jahr 1999 für 47 Milliarden Dollar brach die Erfolgssträhne des Vorstandschefs, des ehemaligen Basketball-Trainers Bernhard Ebbers, jedoch bald ab. Die US-Kartellbehörde verbot im Juni 2000 eine Fusion mit der Sprint-Gruppe. Worldcom geriet daraufhin an der Börse stark unter Druck. Der Absturz der Telekom-Werte insgesamt verschärfte die Talfahrt noch. Im Juni dieses Jahres räumte Worldcom ein, seine Bilanzen mit Falschbuchungen in Höhe von 3,85 Milliarden Dollar aufpoliert zu haben. Die Börsenaufsicht SEC reichte Klage ein, die Aktie verlor weiter und ist heute nahezu wertlos.

Analysten zufolge ist Worldcom bei bis zu 60 Banken weltweit verschuldet. Zu den größten Gläubigern zählen unter anderem die US-Häuser JP Morgan Chase und die Citigroup. Die Deutsche Bank ist den Gerichtsunterlagen zufolge mit einem Engagement von 1,01 Milliarden Euro wohl der größte europäische Gläubiger. Die Bank gab dazu keinen Kommentar ab. Am Markt wurde indes darüber spekuliert, die Bank müsse ihre Risikovorsorge erhöhen. Die Aktie verlor zuletzt sechs Prozent. Brancheninformationen zufolge ist auch die Bayerische Landesbank mit einem Betrag von rund 100 Millionen Euro engagiert. Die Commerzbank erklärte, nicht bei Worldcom engagiert zu sein. Die Münchener Rück bestätigte ein Engagement in Höhe von 80 Millionen Euro in Anleihen und Aktien. Deutsche Geschäftspartner, Kreditgeber und Versicherer des Telekomunternehmens hatten bereits Ende Juni ihre Risiken überwiegend als „begrenzt“ bezeichnet. Neben Deutscher Bank und BayernLB ist nach Worldcom-Angaben noch die niederländische ABN Amro mit 753,1 Millionen Dollar nennenswert engagiert.

Aktionäre und Gläubiger des US-Unternehmens müssen sich auf erhebliche Einbußen einstellen. Während es für den Kursverfall der Aktie keinerlei Entschädigung gibt, können die Inhaber von Unternehmensanleihen auf eine geringe Entschädigung hoffen. Sie gelten als normale, nachrangige Gläubiger, die im Insolvenzverfahren mit der Insolvenzquote abgefunden werden. Wie hoch diese sein wird, steht jedoch noch nicht fest. Hinzu kommt, dass die Ansprüche beim Insolvenzverwalter in den USA geltend gemacht werden müssen. Praktisch dürften auch die Inhaber der Anleihen einen Großteil ihres Geldes abschreiben. „Das ist das Risiko der Unternehmensanleihen“, sagt Thomas Schlüter vom Bundesverband deutscher Banken. Immerhin seien wegen dieses Risikos die Zinsen höher als die staatlicher Anleihen. Allerdings sind die Umsätze mit Worldcom-Anleihen an der Frankfurter Börse bereits von drei Millionen Euro im Juni 2001 auf 255 000 Euro in diesem Juni abgesackt.

Neben der Börsenaufsicht SEC ermittelt auch das US-Justizministerium gegen Worldcom. Ebbers, der im April diesen Jahres vom früheren Vizevorsitzenden John Sidgmore abgelöst wurde, schuldet Worldcom mehr als 408 Millionen Dollar für persönliche Kredite. Vor Worldcom haben in diesem Jahr bereits 131 börsennotierte Unternehmen mit einem Vermögenswert von insgesamt 150 Milliarden Dollar Gläubigerschutz beantragt. Größter Fall war der Energiekonzern Enron mit Vermögenswerten von 63,4 Milliarden Dollar.

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