zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Zentralbank verbreitet Optimismus

EZB beobachtet starke Konjunkturerholung im Euro-Raum – und will von Zinsschritten nichts wissen

Berlin - Der Aufschwung in der Eurozone hat nach Ansicht der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Jahresbeginn deutlich an Kraft gewonnen. „Die jüngst veröffentlichen Daten bestätigen, dass eine Konjunkturerholung im Euro-Währungsgebiet eingesetzt hat“, erklären die Volkswirte des Instituts am Donnerstag im Monatsbericht für den Juni. Grund dafür seien der kräftigere private Verbrauch sowie der lebhafte Export. Die guten Wirtschaftsdaten könnten nach Einschätzung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement sogar dazu führen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um mehr als 1,5 Prozent wächst.

In den ersten drei Monaten war die Eurozone um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen. In der nächsten Zeit wird die Erholung weitergehen, vermutet die EZB. Sie werde „im Lauf des nächsten Jahres in einen breiter angelegten und stärkeren Aufschwung münden“. Für 2004 erwarten die Experten in den zwölf Euro-Ländern ein BIP-Wachstum von 1,4 bis 2,0 Prozent, im kommenden Jahr könnten es sogar 2,2 Prozent werden. Die EZB sorgt sich indes um die Inflation. „Sollten die Ölpreise auf ihrem derzeitigen hohen Niveau verharren, ist zu erwarten, dass die Inflationsraten weiterhin höher ausfallen werden als zuvor erwartet.“

Hintergrund: Als ihr oberstes Ziel sieht die EZB die Preisstabilität an. Die hält sie für gewährleistet bis zu einer Inflationsrate von unter zwei Prozent. Zuletzt hatte die Geldentwertung wegen der Ölpreise etwas angezogen – in Deutschland war die Marke von 2,0 Prozent im Mai bereits erreicht. Doch die EZB signalisierte Entwarnung: Auf mittlere Sicht seien die Aussichten für die Preisstabilität trotz des kurzfristigen Inflationsdrucks günstig. 2004 sei mit einer jährlichen Inflationsrate von 1,9 bis 2,3 Prozent in der Eurozone zu rechnen.

Leitzins-Senkungen seien aber auch nicht zu erwarten, ließ die EZB erkennen. Damit erteilte sie Forderungen des französischen Wirtschaftsministers Nicolas Sarkozy vom Mittwoch eine Absage. Er hatte niedrigere Zinsen gefordert, um die Konjunktur in Europa anzuregen. Erst vergangene Woche hatte die EZB allerdings das historisch niedrige Zinsniveau von 2,0 Prozent bestätigt. „Jetzt wird die EZB erst recht nicht handeln, weil sonst Zweifel an ihrer Unabhängigkeit aufkämen“, findet Hartmut Engelke, Wirtschaftsexperte bei der Bankgesellschaft Berlin. „Ohnehin gibt es keinen Grund, noch in diesem Jahr an der Zinsschraube zu drehen.“

Eine sich festigende Entwicklung bei der Konjunktur erwartet auch Wirtschaftsminister Clement. Das Wachstum könne in diesem Jahr sogar oberhalb der Regierungsannahme liegen. „Wir haben unsere Prognose bei 1,5 Prozent, aber ich halte es sehr wohl für möglich, dass sie überschritten wird“, sagte Clement am Donnerstag in Berlin. Die jüngsten Fakten stimmten ihn „zunehmend zuversichtlich“. Bankgesellschafts-Experte Engelke nannte diese Hoffnung „übertrieben“. Industrieproduktion und Auftragseingänge seien zwar erfreulich gestiegen. „Mehr als 1,4 Prozent Wirtschaftswachstum sind aber nicht drin“, prognostizierte er.

Weil die Wirtschaft außerhalb der Euro-Zone besser läuft, stehen dort die Zentralbanken stärker im Rampenlicht. Die Bank of England (BoE) erhöhte am Donnerstag ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent. Das war das vierte Mal seit November. Die BoE begründete dies mit Inflationsgefahren. In den USA stiegen die Erzeugerpreise deutlich stärker als erwartet. Die Importpreise hätten sich zum Vormonat um 1,6 Prozent erhöht, teilte das US-Arbeitsministerium am Donnerstag mit. Das war der größte monatliche Anstieg seit Februar 2003 und der achte Monat in Folge mit einem Plus. Damit wird auch ein Zinsschritt der US-Notenbank Fed wahrscheinlicher.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false