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Wirtschaft: Zwischen Kooperation und Konfrontation

BERLIN . Der Arbeitgeberpräsident ist nicht unbeliebt bei den Funktionären im anderen Lager.

BERLIN . Der Arbeitgeberpräsident ist nicht unbeliebt bei den Funktionären im anderen Lager. Im Gegenteil, Gewerkschafter schätzen Dieter Hundt als sachorientierten Partner, mit dem man kann und auf den man hofft - insbesondere bei der Konsensfindung im Bündnis für Arbeit. Hundt gilt als Protagonist der Weiterentwicklung der deutschen Sozialpartnerschaft und damit als wichtiger Verbündeter gegen die "Systemveränderer" an der Spitze anderer Arbeitgeberorganisationen: DIHT-Präsident Hans Peter Stihl und BDI-Chef Hans-Olaf Henkel. Insbesondere Henkel hält die Regelung der Arbeitsbeziehungen in Deutschland für überholt, die Gewerkschaften für viel zu mächtig. Auch deshalb fordert Henkel die EU-Osterweiterung, damit infolge der Freizügigkeit von Kapital und Arbeit die Macht der deutschen Gewerkschaften endlich gebrochen wird. Insbesondere der Flächentarifvertrag ist dem BDI-Chef ein Greuel, weshalb er auch immer wieder mal Unternehmen zum Austritt aus der Tarifbindung auffordert. Spätestens an diesem Punkt stoßen Hundt und Henkel frontal zusammen. Wenn Henkel schon nicht die Gewerkschaften schwächen kann, dann lassen sich vielleicht die Arbeitgeberverbände kaputtmachen. Ohne Partner wären auch die Gewerkschaften entmachtet, so das Kalkül des BDI-Präsidenten.Hundt repräsentiert als Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände auch alle Tarifträgerorganisationen. Wenn Henkel eine "Verbetrieblichung" der Tarifpolitik fordert, gräbt er damit den Tarifträgerverbänden, zu deren Hauptaufgabe der Abschluß kollektiver Vereinbarungen mit den Gewerkschaften gehört, das Wasser ab. Entsprechend muß Hundt immer wieder kontern, wie am Freitag in einem Gespräch mit dem Handelsblatt: "Mit dieser Position vertritt Henkel auch im BDI eine Minderheitenmeinung", meint Hundt. Der BDI-Präsident als Außenseiter.Seit Anfang 1995 steht Henkel an der BDI-Spitze. Mit verbaler Rücksichtslosigkeit hat er sich seitdem mit allen angelegt, die Verantwortung tragen für die wirtschaftliche Entwicklung im Lande. Eben auch und offenbar besonders gern mit Arbeitgeberkollegen wie zum Beispiel dem Hundt-Vorgänger Klaus Murmann, den Henkel für ein Weichei hielt. Im übrigen sieht er sich wohl ständig von Weicheiern umgeben, der Unbeugsame in seinem unablässigen Kampf für weniger Staat, höhere Unternehmensgewinne, freies Unternehmertum und schwache Gewerkschaften. Es belastet ihn schwer, daß "90 Prozent der Engländer ein liberales Programm wählen, aber nur fünf Prozent der Deutschen", klagt der FDP-Fan. Henkel spricht von "Konsenssoße", wenn andere sich um einen Interessenausgleich zwischen Arbeit und Kapital bemühen. Eben Leute wie Dieter Hundt, nach eigenen Worten ein Freund "des sozialen Dialogs". Der Chef des Autozulieferers Allgaier mit rund 1300 Mitarbeitern hat mit dem heutigen Arbeitsminister Walter Riester Tarifgeschichte geschrieben. Der eine als Vorsitzender des Verbandes der Metallindustrie Baden-Württembergs, der andere als Stuttgarter Bezirkschef der IG Metall, legten sie 1990 den Fahrplan zur 35-Stunden-Woche fest. Hundt hält die Tarifautonomie, die Kooperation mit den Gewerkschaften für einen "entscheidenden Wettbewerbsvorteil" der deutschen Wirtschaft. Hundt setzt auf Dialog und Kooperation, Henkel bevorzugt Polemik und Konfrontation. Hundt reklamiert zwar eine Reform der Flächentarife hin zu mehr Flexibilität und Spielräumen für die Unternehmen. Aber den von Henkel geforderten Systemwechsel lehnt er entschieden ab: "Wenn wir die Auseinandersetzung in die Betriebe tragen, ist das mit Sicherheit keine bessere Alternative."

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