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Am Innovationszentrum für Computerassistierte Chirurgie (ICCAS) an der Universität Leipzig können Ärzte an einem dreidimensionalen digitalen Modell die Operation von Tumoren planen.

© picture alliance / dpa

Berlin Science Week - Future Medicine: 3D-Brillen im Operationssaal angekommen

Die Digitalisierung der Medizin wurde oft angekündigt. Wo sie schon ist, da rettet sie Leben.

Bislang stecken viele Ideen, wie digitale Techniken Patienten gesünder machen und Ärzten bei der Therapieentscheidung helfen könnten, noch im Versuchsstadium. Die große Vision von einem besseren, vernetzteren Gesundheitswesen umzusetzen, braucht Zeit. Doch hier und da ist die Digitalisierung schon in der Versorgung angekommen.

So spart beispielsweise die Visite per Internet Ärzten wie Patienten Wege und Zeit, wenn ein Transplantationspatient nicht mehr stunden- oder gar tagelang in spezialisierte Kliniken wie die Medizinische Hochschule Hannover anreisen muss, sagte Erwin Böttinger. Der Mediziner, der am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut ein Digital Health Center aufbaut, zeigte am Dienstag auf der ScienceMatch-Konferenz „Future Medicine“ Wege auf, wie Erbgut-, Bildanalyse- und viele andere Diagnosedaten von Patienten zusammengeführt und zu besseren Behandlungen führen können.

Bei Bluthochdruck schlägt der Rechner Alarm

Am Mount Sinai Krankenhaus, wo Böttinger vor seiner Rückkehr nach Deutschland arbeitete, schlägt das Computerprogramm „Clipmerge“ beispielsweise automatisch Alarm, wenn ein Medikament verschrieben werden soll, dass der Patient der Datenlage nach nicht verträgt. In einer Studie habe man zeigen können, dass Patienten ihren Bluthochdruck besser reduzieren, wenn sie vom Computer Rückmeldungen über ihren Blutdruck bekommen. Der dafür nötige und in den USA mögliche Austausch von Daten zwischen Ärzten, Kliniken, Krankenkassen und anderen Dienstleistern sei in Deutschland so aber noch nicht möglich.

Auch im Operationssaal ist die Digitalisierung zumindest schon virtuelle Realität geworden. Thomas Neumuth vom Leipziger Innovationszentrum für computergestützte Chirurgie zeigte Bilder von Chirurgen, denen während der Operation per Virtual-Reality-Brille ein dreidimensionales Bild des zu behandelnden Organs gezeigt wird. Die Projektion ist aus computertomografischen oder anderen Bildern vom Inneren des jeweiligen Patienten zusammengesetzt, sodass der Arzt die Lage eines Geschwürs oder wichtiger Blutgefäße, die nicht verletzt werden dürfen, stets im Blick hat.

Das Handy bezahlt den Arzt

Für viele dieser Methoden ist komplexe Computertechnik nötig – weshalb sie für Entwicklungsländer kaum infrage kommen. Dass das nicht unbedingt nötig ist, darauf wies Samuel Knauss hin, Neurologe an der Berliner Charité. In Ländern wie Madagaskar führe das Bezahlen für eine Behandlung oft zu absurden Szenarien, weil kaum jemand ein Bankkonto besitzt. Daher lassen Kliniken genesene Patienten oft tage- oder wochenlang nicht gehen, bis ein Familienmitglied anreist und die Kosten bar begleicht.

Die Lösung dieses Problems sei „mobiles Geld“, eine Art Portemonnaie auf dem Handy, die selbst in wenig entwickelten Gegenden Afrikas weit verbreitet sind. Per Smartphone könne mobiles Geld leicht verschickt und „überwiesen“ werden. So sei auch sichergestellt, dass Spenden von Hilfsorganisationen nur für gesundheitliche Zwecke ausgegeben werden, betonte Knauss.

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