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AhA: Warum färbt sich das Herbstlaub?

Mein Büro liegt im vierten Stock. Es sind 96 Stufen bis zur gelben Tonne und zum blauen Altpapiercontainer.

Mein Büro liegt im vierten Stock. Es sind 96 Stufen bis zur gelben Tonne und zum blauen Altpapiercontainer. Ich frage mich, ob dieses ganze Recycling sinnvoll ist. Die Birke vor meinem Fenster signalisiert mit ihrem leuchtend gelben Herbstlaub ein klares Ja. Die Erle hält nicht viel von Recycling. Sie macht das Farbenspiel nicht mit.

Beide Bäume sehen um diese Jahreszeit ziemlich alt aus. Während die Tage kürzer und das Wasser knapper werden, werfen sie ihre Blätter nach und nach ab. Mit dem Unterschied, dass die Birke zuvor wertvolle, vor allem stickstoffhaltige Substanzen in den Blättern abbaut und in den Stamm transportiert. Sie speichert sie für den Winter und das kommende Frühjahr.

Keine Pflanze wächst ohne Stickstoff. Sie benötigt ihn hauptsächlich zur Herstellung von Proteinen. Ein großer Teil dieser Eiweiße in den Pflanzenzellen befindet sich in den Chloroplasten, kleinen chemischen Fabriken, die Wasser und Kohlendioxid in Zucker umwandeln.

Stickstoff gibt es reichlich in der Luft, doch Pflanzen können die gasförmigen Stickstoffmoleküle nicht knacken. Sie müssen ihn in anderer Form über die Wurzeln aus dem Boden aufnehmen, weshalb Felder und Äcker mit Stickstoff gedüngt werden.

Im Herbst holt sich die Birke die stickstoffhaltigen Substanzen aus den Chloroplasten zurück, ehe sie sich vom Laub trennt. Zuerst wird der grüne Blattfarbstoff abgebaut, das Chlorophyll. Dadurch kommen andere, vorwiegend gelbe Blattfarbstoffe zum Vorschein, die bis dahin überdeckt waren. Manche Pflanzen produzieren während dieser Zeit zusätzlich rote Farbstoffe, die sie vor dem energiereichen UV-Licht der Sonne schützen. So kann die Stickstoffrückgewinnung reibungslos vonstatten gehen.

Das Blatt verfärbt sich nicht gleichmäßig. „Die Leitungsbahnen in den Blättern leben länger, damit die wieder verwertbaren Stoffe gut abtransportiert werden können“, sagt Karin Krupinska vom Botanischen Institut der Uni Kiel. Deshalb sind Herbstblätter oft schön gemustert.

Die Erle gehört zu den Bäumen, die mit dem Stickstoff verschwenderisch umgehen. Sie lebt in Symbiose mit Bakterien, die den Stickstoff aus der Luft für sie spalten und nutzbar machen. „Diese Knöllchenbakterien im Wurzelbereich können den Luftstickstoff fixieren.“ Der vielen Helfer wegen kann es sich die Erle leisten, ihre Blätter grün abzuwerfen. Ohne sich um ein Recycling kümmern zu müssen. Thomas de Padova

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