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Ferne Welt. So stellt sich ein Künstler die Oberfläche des erdähnlichen Planeten vor, der die Zwergsonne Proxima Centauri umkreist. Abb.: ESO / M. Kornmesser

© ESO/M. Kornmesser

Astronomie: Erdähnlicher Planet in der Nachbarschaft

Der Trabant umkreist die Zwergsonne Proxima Centauri. Sie ist vier Lichtjahre entfernt und der nächste Nachbar unseres Sonnensystems.

Der nächste Nachbar unseres Sonnensystems, die rote Zwergsonne Proxima Centauri, taumelt über den Südhimmel. Allerdings so minimal, dass Guillem Anglada-Escudé von der Queen-Mary-Universität in London und seine Kollegen unter anderem von der Universität Göttingen, dem Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie und dem Astronomischen Rechen-Institut in Heidelberg schon längere Zeit mit einem 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile hinschauen mussten, um sicher zu sein: Um Proxima Centauri kreist ein Planet, der unserer Erde ähneln könnte, verkünden die Forscher nun in der Fachzeitschrift „Nature“. Und das in einer Entfernung, in der Wasser auf seiner Oberfläche vorkommen könnte. Ohne diese Flüssigkeit ist Leben kaum möglich, vermuten Biologen.

„Ein tolles Ergebnis“, meint Philipp Eigmüller vom Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Schließlich lässt sich ein Planet in unserer unmittelbaren Umgebung mit der Technik von heute relativ gut untersuchen. „Zwar wurden in den letzten Jahren einige tausend Planeten entdeckt, die sind aber alle deutlich weiter entfernt“, sagt Philipp Eigmüller. „Ein solches Resultat beim allernächsten Stern hatten wir herbeigesehnt.“

Die Schwerkraft des Planeten lässt die Sonne taumeln

„Ich halte das Ergebnis für sehr solide“, sagt Artie Hatzes. Der US-Amerikaner ist Direktor der Thüringer Landessternwarte Tautenburg und Spezialist für die Methode, mit der jetzt der Planet um Proxima Centauri entdeckt wurde. Dabei bestimmen die Forscher im Prinzip, wie die Schwerkraft eines Planeten ein klein wenig die viel größere Sonne rüttelt und ihre Bahn so leicht ins Taumeln bringt. Einen solchen Rhythmus haben die Forscher um Guillem Anglada-Escudé zunächst in den Daten gefunden, die zwischen den Jahren 2000 und 2008 am ESO-Observatorium in der Atacama-Wüste in Chile gemessen wurden.

Dazu kamen Daten vom südlich liegenden ESO-Observatorium auf dem La-Silla-Berg, sowie eine Dauerbeobachtung von dort, die vom 16. Januar bis zum 31. März 2016 dauerte. Jedes Mal fanden die Forscher einen Rhythmus des Taumelns, der auf einen Planeten hindeutet. „In zwei unabhängigen Datensätzen, die noch dazu an zwei verschiedenen Observatorien gemessen wurden, zeigt sich jeweils ein starkes Signal“, sagt Hatzes. Für Anglada-Escudé und sein Team blieb nur eine Erklärung: Ein Planet kreist um Proxima Centauri. Das bestätigt Hatzes in einem weiteren Artikel in „Nature“, in dem er den Fund seiner Kollegen analysiert.

Sternenplan. Blick von der Europäischen Südsternwarte in La Silla/Chile auf Proxima Centauri (unten rechts).
Sternenplan. Blick von der Europäischen Südsternwarte in La Silla/Chile auf Proxima Centauri (unten rechts).

© Y. Beletsky (LCO)/ESO/ESA/NASA/M

„Leider kann man mit dieser Methode nur die minimale Masse des Planeten bestimmen“, sagt Hatzes. Demnach hat der auf „Proxima Centauri b“ getaufte Planet mindestens die 1,3-fache Größe unserer Erde, bereits die doppelte Masse für eine „Super-Erde“ ist wenig wahrscheinlich. Damit ist der „Neue“ erheblich kleiner als sehr viele der anderen bisher entdeckten Exo-Planeten, die vermutlich eher den großen Gasplaneten wie dem Jupiter und dem Saturn in unserem Sonnensystem ähneln. „Proxima Centauri b könnte dagegen durchaus ein Gesteinsplanet sein“, vermutet Hatzes. Zu dieser Planetengruppe gehört auch die Erde.

Allerdings liegt die Umlaufbahn des Planeten zwanzig Mal näher an seinem Stern, als der Abstand unserer Erde zur Sonne beträgt. In gerade einmal 11,2 Tagen saust Proxima Centauri b daher um sein Zentralgestirn, ein Jahr dauert weniger als zwei Wochen. Trotz dieser großen Nähe sollten die Temperaturen auf dem Planeten ganz angenehm sein. Schließlich ist Proxima Centauri ein Roter Zwergstern, der nur etwa zwölf Prozent der Masse unserer Sonne hat und der daher deutlich weniger Energie abstrahlt. Ist die Oberfläche unserer Sonne rund 5500 Grad Celsius heiß, dürfte dieser Wert bei Proxima Centauri nur bei 2780 Grad Celsius liegen. Daher heizt unser nächster Nachbar seinen Planeten genau so weit auf, dass flüssiges Wasser vorliegen kann. Proxima Centauri b liegt also in der Zone, in der Leben entstehen könnte.

Vorsicht, Mutation: Vermutlich extrem hohe Röntgenstrahlung auf Proxima Centauri b

Ob dort wirklich Organismen wie Bakterien, Pilze oder vielleicht sogar höheres Leben existieren können, ist unklar. So beobachten Astronomen auf dem Stern Proxima Centauri sehr viele Strahlungsausbrüche, den Planeten dürfte das 400-Fache an Röntgenstrahlung wie die Erde erreichen. „Ob Proxima Centauri b ein Magnetfeld hat, das einen großen Teil dieser Strahlung abschirmen könnte, wissen wir leider nicht“, meint der DLR-Forscher Eigmüller. Existiert ein solcher Magnetschirm, würde er auch eine mögliche Atmosphäre und die Oberfläche sowie eventuell vorhandenes Leben vor der hohen Strahlung schützen.

Vielleicht erfahren die Forscher mehr über Proxima Centauri b, wenn sie das Licht untersuchen, das er von seiner Sonne erhält und wieder reflektiert. Immerhin ist der Planet so nah, dass moderne Instrumente dieses schwache Licht neben der viel stärkeren Strahlung seines Sterns messen können. Aus solchen Daten sehen die Forscher in einigen Jahren vielleicht auch, ob der Planet eine Atmosphäre hat, in der Wolken schweben können und in der sich Substanzen nachweisen lassen, die normalerweise von lebenden Organismen produziert werden.

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