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Wissen: Auf die Motivation kommt es an Pisa: Wie Risikoschüler den Aufstieg schaffen

Pisa 2000 schockierte Deutschland in zweifacher Hinsicht. Der internationale Schüler-Leistungstest offenbarte eine nur durchschnittliche Position unter den Industrienationen der Welt.

Pisa 2000 schockierte Deutschland in zweifacher Hinsicht. Der internationale Schüler-Leistungstest offenbarte eine nur durchschnittliche Position unter den Industrienationen der Welt. Und die „Risikogruppe“ der Schüler, deren Wissen und Denkfähigkeit nicht für eine erfolgreiche Berufstätigkeit ausreichen, muss mit über 20 Prozent beziffert werden. In dieser Risikogruppe finden sich insbesondere Schüler mit Migrationshintergrund und Kinder aus der deutschen Unterschicht. Nach der neuesten Auswertung von Pisa 2009, die die OECD jetzt veröffentlichte, sind aber milieutypischer Frust, Langeweile oder exzessiver Medienkonsum für diese Kinder nicht unausweichlich. Vielmehr gebe es auch in bildungsfernen Familien in prekären finanziellen Verhältnissen selbstbewusste, aufstiegswillige und lernfähige Jugendliche, die ihren Weg in der Gesellschaft machen können.

Im weltweiten Vergleich hat die OECD festgestellt, dass ein Drittel der sozial benachteiligten Jugendlichen genug Selbstbewusstsein und Willensstärke besitzt, um sich nicht unterkriegen zu lassen. Wenn es etwa darum geht, im Schlüsselfach Mathematik zu besseren Leistungen zu kommen, gibt es ein einfaches Mittel: intensiverer Unterricht in diesem für Naturwissenschaften und Technik wichtigen Fach. Ausschlaggebend seien bessere Lehrmethoden, zusätzliche Mathestunden und besondere Aktivitäten in der Klasse, die die Motivation und das Selbstvertrauen der Schüler stärken. Mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlichen aus der Unterschicht in den asiatischen Ländern Korea, Hongkong, Macao und Schanghai-China seien aufstiegsorientiert und schulisch engagiert. Das gelte auch für über 35 Prozent der Unterschichtkinder aus Kanada, Finnland Japan, Neuseeland, Polen, Portugal, Spanien, Liechtenstein, Singapur und Nationalchina (Taiwan).

In Deutschland dagegen sind laut OECD nur etwa 22 Prozent der Risikoschüler dieser Gruppe willensstarker Jugendlicher zuzurechnen, die es trotz schlechter Schulleistungen und ihrer Zugehörigkeit zur Unterschicht schaffen wollen. Der OECD-Durchschnitt beträgt 31 Prozent.

Die OECD-Auswertung kommt zu dem Ergebnis, dass jene Jugendlichen aus der Unterschicht, die ihre Leistungen in Mathematik verbessern wollen, pro Woche eine bis zwei Stunden mehr Mathematik üben als die Leistungsschwachen mit den schlechten Perspektiven. In Deutschland, Frankreich und den Niederlanden benötigen ehrgeizige Jugendliche aus der Unterschicht eindreiviertel Stunden mehr pro Woche in Mathematik und Naturwissenschaften. In den Vereinigten Staaten hat sich zum Beispiel gezeigt, dass sich die Leistungen benachteiligter Jugendlicher durch Pflichtkurse in Naturwissenschaften und Mathematik um 40 Punkte verbessert haben. Das entspricht einem Leistungsfortschritt von einem ganzen Jahr. Uwe Schlicht

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