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Außerirdische: Rasterfahndung nach Aliens

Außerirdische ließen bislang nichts von sich hören. Nun wollen Astronomen nicht länger auf Geräusche warten. Sie suchen lieber mit Infrarot-Teleskopen nach anderen Spuren außerirdischer Technik.

Von Rainer Kayser, dpa

Seit über 50 Jahren lauschen Weltraumforscher mit großen Radioantennen nach Signalen außerirdischer Zivilisationen. Bislang ohne Erfolg. Sind wir also doch allein im All oder ist die Methode falsch? Möglicherweise nutzen weit fortgeschrittene Wesen ganz andere, uns noch unbekannte Kommunikationstechniken. Dann wäre die Stille im Milchstraßenradio kein Wunder.

Jason Wright von der Pennsylvania State University und Lucianne Walkowicz von der Princeton University wollen nicht länger nach Funksignalen der Aliens suchen, sondern stattdessen nach Spuren außerirdischer Megatechnik Ausschau halten. Den Grundgedanken für diese Idee legte bereits in den 60er Jahren Freeman Dyson. Eine wachsende, sich stetig weiterentwickelnde technische Zivilisation braucht immer mehr Energie, argumentierte der amerikanische Physiker. Die Menschheit verbraucht heute lediglich 0,01 Prozent der Energie, die unsere Sonne zur Erde liefert. Doch selbst bei einer moderaten Wachstumsrate des Energieverbrauchs von einem Prozent pro Jahr reicht schon in tausend Jahren die gesamte auf die Erde fallende Sonnenstrahlung nicht mehr aus, um den Energiehunger der Menschheit zu stillen. Dyson folgerte daraus, dass eine fortgeschrittene Zivilisation im Lauf von Jahrtausenden große Solaranlagen im All stationiert, um immer mehr Strahlung ihres Zentralsterns aufzufangen. Das Spiel würde immer weiter getrieben, bis der Stern schließlich nahezu vollständig in eine „Dyson-Sphäre“ eingehüllt ist.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Stern für ferne Astronomen völlig verschwindet. Denn Energie kann nicht verloren gehen, sie wird nur umgewandelt. Die Strahlungsenergie treibt die Technik der Außerirdischen an, die wiederum als Abfallprodukt Wärmeenergie erzeugt. Und diese Wärme muss die Dyson-Sphäre nach außen abführen, damit sie sich nicht überhitzt.

Nach der charakteristischen Wärmestrahlung von Dyson-Sphären will Wright mithilfe der Infrarot-Weltraumteleskope „Spitzer“ und „Wise“ suchen. Wright ist natürlich nicht der Erste. 1985 durchforstete der russische Astronom Vyacheslav Slysh die Daten des „Iras“-Satelliten nach Hinweisen auf Dyson-Sphären – ohne Erfolg. Doch die modernen Infrarot-Teleskope sind erheblich empfindlicher. Iras hätte eine Dyson-Sphäre bis zu einer Entfernung von tausend Lichtjahren aufspüren können, – ein kleiner Bruchteil der 100 000 Lichtjahre großen Milchstraße. „Mit Spitzer können wir dagegen Dyson-Sphären überall in der Galaxis nachweisen“, sagt Wright.

Der Nachteil des Verfahrens ist, dass es nur Strukturen nachweisen kann, die einen Stern nahezu vollständig einhüllen. Und wie die Suche nach Radiosignalen basiert sie stark auf unserem heutigen Wissensstand. Wenn nämlich die Aliens eine ganz andere, uns noch unbekannte Art der Energieerzeugung nutzen, gibt es vielleicht gar keine Dyson-Sphären.

Walkowicz verfolgt deshalb einen anderen Ansatz. Sie sucht nach jeder Art von technischem Megaprojekt, das hin und wieder, möglichst periodisch, das Licht eines Sterns verdeckt. Das Schöne an dieser Idee: Hochpräzise Helligkeitsdaten von über 150 000 Sternen liegen bereits für einen Zeitraum von vier Jahren vor. So lange ist das Nasa-Weltraumteleskop „Kepler“ mit großem Erfolg auf der Suche nach Planeten bei anderen Sternen.

Kepler sucht – ganz im Sinne von Walkowicz – nach winzigen, periodischen Helligkeitsschwankungen eines Sterns durch Planeten, die von der Erde aus gesehen auf ihrer Umlaufbahn regelmäßig vor dem Stern vorüberziehen. Zwar ist Mitte Mai der zweite von vier Steuerkreiseln des Satellitenobservatoriums kaputtgegangen. Dadurch lässt sich die Lage von Kepler nicht mehr kontrollieren und weitere Beobachtungen sind nicht mehr möglich. Doch in den archivierten Daten schlummern vermutlich noch viele unentdeckte Exoplaneten. Und möglicherweise auch Hinweise auf außerirdische Artefakte. Walkowicz macht keinerlei Vorhersagen, wie solche Anzeichen aussehen könnten: „Wir wissen nicht, wie ihre Technik aussieht. Wenn wir versuchen, uns diese Technik vorzustellen, schränken wir unseren schon Blickwinkel ein.“

Deshalb sollen auch nicht Menschen, sondern ein Computer die Daten analysieren. Die Forscherin will Software darauf trainieren, „Ausreißer“ zu finden. Also Helligkeitsänderungen, die sich nicht durch bekannte natürliche Phänomene – von Planeten über Sternflecken zu Pulsationen – erklären lassen. Natürlich bedeutet die Entdeckung eines neuen, zunächst unerklärlichen Phänomens noch nicht, dass dort Außerirdische am Werk sind, aber in jedem Fall lohnt sich dann ein genauerer Blick auf das Objekt.

Ähnliche Verfahren ließen sich dann auch auf andere astronomische Datensammlungen anwenden. Wright stimmt zwar zu, dass eine solche Suche nach außergewöhnlichen Phänomenen eine vielversprechende Strategie ist, warnt aber zugleich: „Wir sollten uns hüten, alle seltsamen Erscheinungen durch Aliens zu erklären, so wie unsere Vorfahren in unerklärliche Naturerscheinungen das Wirken von Göttern erkannten. Das wäre zutiefst unwissenschaftlich. Wir müssen immer vorrangig nach natürlichen Erklärungen suchen.“

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