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Volles Haus. Die TU Berlin sieht ihre Schmerzgrenze erreicht.

© dpa/pa

Betreuung an der Uni: 66 Studierende auf einen Professor

Berlin liegt bei der Betreuungsrelation bundesweit im Mittelfeld. In manchen Fächern ist die Lage aber schlechter.

An Berlins Universitäten betreut im Schnitt ein Professor oder eine Professorin 66 Studierende, wie aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Damit liegt Berlin beim Betreuungsverhältnis im Bundesschnitt. Allerdings ist die Lage an den einzelnen Unis sowie in den einzelnen Fachgebieten ungünstiger. An der TU Berlin kommen im Schnitt über 90 Studierende auf eine Professur, sagt Hans-Ulrich Heiß, Vizepräsident für Studium und Lehre: „Wir sind an der Schmerzgrenze. Mehr können wir den Mitarbeitern nicht mehr zumuten.“ Die HU meldet eine Relation von 68 zu eins, die FU von 64 zu eins. In den vergangenen zehn Jahren schwankte der Berliner Schnitt nur wenig: Es lag zwischen einem Verhältnis von 61 zu eins und 66 zu eins.

520 Anfänger auf 220 Plätzen

Dass ein Professor an der TU besonders viele Studierende zu betreuen hat, erklärt Heiß auch damit, dass die TU den Numerus clausus inzwischen bei einer ganzen Reihe von Fächern hat fallen lassen. So gebe es in der Informatik im Moment circa 520 Studienanfänger auf eigentlich nur rund 220 Plätzen. Allerdings verlasse ein Drittel der Anfänger die Uni binnen einen Jahres. „Wir fühlen jedenfalls eine gesellschaftliche Verpflichtung, möglichst viele Studierende in technischen und naturwissenschaftlichen Fächern auszubilden“, sagt Heiß.

In den besonders nachgefragten Fächern ist die Betreuungsrelation besonders schlecht. An der Humboldt-Universität kommen in Jura 116 Studierende auf eine Professur, in Psychologie 83 und in Wirtschaft 79. Jetzt, da die starken Studierendenkohorten dem Abschluss entgegenstreben, wird der Betreuungsaufwand für die Professoren besonders groß, sagt Michael Kämper-van den Boogaart. Entlastung soll an der HU die Zusammenlegung von Masterstudiengängen bringen, die nicht volllaufen. Die frei werdende Lehrkapazität könnte dann in den Bachelor verlagert werden.

An den Berliner Fachhochschulen machen Professoren Überstunden

Das strebt FU-Präsident Peter-André Alt für seine Uni nicht an: „Die ganze Zeit wurde beklagt, dass der Bachelor an Vermassung leidet. Und nun, wo man im Master angenehme Kleingruppen hat, soll das Ressourcenverschleuderung sein?“, sagt er. Denkbar sei aber ein Y-Modell: Zwei Masterstudiengänge würden im ersten Jahr gemeinsam unterrichtet, danach ginge es getrennt weiter.  

Seit jeher deutlich günstiger ist das Betreuungsverhältnis an den Fachhochschulen. So kommen auf eine Professur an der Beuth-Hochschule nur 41 Studierende. Trotzdem ist die Lage angespannt, wie deren Präsidentin Monika Gross sagt. Die Hochschule müsse für die vielen Studierenden zusätzliche Kurse einrichten: „Viele Professoren machen darum in der Lehre drastisch Überstunden.“

Bei der Zulassung entstehen Unwuchten

Zu der Überlast kommt es, weil häufig weit mehr Studierende in einem Fach zugelassen werden als Plätze vorhanden sind. Dies geschieht, weil das Annahmeverhalten der Studierenden kaum vorhersagbar ist. Berlins Hochschulen müssen ihre Kapazitäten aber am Ende des Zulassungsverfahrens voll ausschöpfen, um den vollen Zuschuss des Landes zu bekommen. Damit am Ende kein Platz frei bleibt, überbuchen sie vorsichtshalber.

Gross honoriert, dass der Berliner Senat angesichts der großen Studierendenwelle zusätzliche Professuren finanziert. Aber die vielen Studierenden müssten auch bei der Personalausstattung in der Verwaltung berücksichtigt werden: „Es fehlt massiv an Kräften im International Office oder in der Studienberatung.“

"Die Hochschulen leisten Enormes"

An der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) hat sich das Betreuungsverhältnis seit 2010 verschlechtert, sagt HTW-Präsident Klaus Semlinger: Kamen damals noch auf eine Professur 45 Studierende, sind es nun 52. Allerdings werde sich die Lage bald etwas entspannen, da die HTW dabei sei, 17 neue Professuren zu besetzen. Die HTW habe länger gezögert, neue entfristete Professuren zu schaffen, da sie nicht auf dauerhaft zusätzliche Finanzen vertraute.

Steffen Krach, Berlins Staatssekretär für Wissenschaft, sagt: „Die Hochschulen leisten Enormes. Wir müssen die Betreuungsrelationen im Blick haben.“

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