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Betrug bei Promotionen: Unter Verdacht

Doktortitel-Affäre: Ist die Freie Universität doch nicht entlastet? Drei andere Hochschulen erklären, sie seien betroffen.

Hat die Freie Universität Berlin in der Schmiergeldaffäre um Doktortitel zu früh Entwarnung gegeben? Am Dienstag hatte die FU nach einem Telefonat mit der ermittelnden Kölner Staatsanwaltschaft mitgeteilt, der Behörde würden „keine belastbaren Informationen über Personal der Freien Universität“ vorliegen. „Es gibt gegenwärtig keine Ermittlungen gegen Personal der Freien Universität“, hieß es in einer Pressemitteilung. Der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld wollte diese Darstellung am gestrigen Mittwoch aber nicht bestätigen. Die Mitteilung der Freien Universität sei vielmehr „nicht im Einvernehmen“ mit der Staatsanwaltschaft veröffentlicht worden, sagte Feld am Mittwoch auf Anfrage.

Was könnte das bedeuten? Liegt ein Missverständnis vor? Hat die FU womöglich die Staatsanwaltschaft am Telefon falsch verstanden? Oder hat die FU die Öffentlichkeit absichtlich in die Irre geführt? Anzunehmen ist, dass die Staatsanwaltschaft die Darstellung der FU für unzutreffend hält – und die Universität doch betroffen sein könnte. Von der Freien Universität gab es am Mittwoch keine Erklärung zu dem Vorgang.

Die Verwirrung wird allerdings auch durch das Schweigen der Staatsanwaltschaft möglich gemacht, was angeblich betroffene Hochschulen angeht. Sie will weiterhin öffentlich „nichts zu Orten und Unis sagen“, wie Oberststaatsanwaltschaft Feld bekräftigte. Die Staatsanwaltschaft müsse seiner Ansicht nach keine Auskunft geben, weil das Nachrichtenmagazin „Focus“ am vergangenen Samstag die Namen von 13 Unis – darunter die FU – an die Öffentlichkeit getragen habe – und nicht die Staatsanwaltschaft selber.

Der „richtige Weg“ zur Klarstellung ist nach Felds Ansicht vielmehr, dass sich die genannten Unis sowie die Wissenschaftsministerien an seine Behörde wenden und nachfragen, ob die Vorwürfe stimmen. Die Unis und die Ministerien müssten dann nach außen kommunizieren, was die Anfrage ergeben habe. Ein Prozedere, das zu bewussten und unbewussten Fehlinterpretationen geradezu einlädt. Zumal die Staatsanwaltschaft die Unis offenbar oft nicht so schnell informiert, wie diese es wünschen. Der für den Fall zuständige Sachbearbeiter müsse selber immer erst Informationen bei der Kriminalpolizei einholen, die in der Sache für die Staatsanwaltschaft ermittelt, sagte Feld. Hinter den Kulissen heißt es bei den Universitäten, dass man über das Verhalten der Staatsanwaltschaft sehr verwundert sei. Man habe sich mehr Kooperation gewünscht.

Drei Universitäten bestätigten gleichwohl gestern erstmals, dass sie beim Skandal um den Handel mit Doktortiteln betroffen seien. Ein Sprecher der Universität Frankfurt am Main sagte auf Anfrage: „Wir wissen jetzt, dass Personal, das mit unserem Haus in Verbindung steht, betroffen ist.“ Um wie viele Personen es sich handele und aus welchem Fachbereich sie stammten, könne man noch nicht sagen. Die Universität Bielefeld teilte mit, dass es laut telefonischer Auskunft der Staatsanwaltschaft „wahrscheinlich einen Fall geben wird“. Genaue Daten würden nächste Woche mitgeteilt. Ein Sprecher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sagte, es liefen Ermittlungen gegen ein Mitglied des „externen Lehrkörpers“ der MHH – also gegen einen außerplanmäßigen Professor oder einen Privatdozenten. Die Unis haben jetzt Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft beantragt.

Von den im „Focus“ ebenfalls genannten Unis in Köln, Bayreuth, Rostock, Tübingen, Hamburg, Jena und von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt hieß es dagegen, man habe trotz teilweise mehrfacher Anfragen immer noch nichts von der Staatsanwaltschaft gehört. Aus Köln und Bayreuth hieß es, ihnen hätte die Staatsanwaltschaft gesagt, sie würden frühestens in der nächsten Woche genauere Informationen erhalten.

Genannt wurden zudem Leipzig und Hagen. An der Uni Leipzig sagte ein Sprecher, die Hochschule würde auf einen Anruf der Staatsanwaltschaft warten, ohne selbst aktiv geworden zu sein. Insgesamt ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen 100 außerplanmäßige Professoren und Privatdozenten. Sie sollen Schmiergelder in Höhe von bis zu 4000 Euro angenommen haben, damit sie möglicherweise ungeeignete Kandidaten zur Promotion zulassen. Tilmann Warnecke

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