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Bildungspolitik: Neue Studienplätze

Kompromiss zu „Geld folgt Studierenden“: Bund und Länder haben ihren Streit über den Aufbau neuer Studienplätze beigelegt.

Einer Arbeitsgruppe der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) ist es am Wochenende gelungen, einen Kompromiss für den Hochschulpakt zu finden. Für die Flächenländer haben die Sozialdemokraten auf das von ihnen gewünschte Prinzip „Geld folgt den Studierenden“ verzichtet. Dafür konnten die SPD-Länder für die Stadtstaaten, die über ihren Bedarf hinaus Studierende aus anderen Bundesländern ausbilden, finanzielle Verbesserungen durchsetzen. Geld aus dem Hochschulpakt wird den Stadtstaaten nach einer für sie besseren Berechnungsgrundlage bereitgestellt. Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) sieht darin einen Einstieg in das Prinzip „Geld folgt den Studierenden“, während aus der Union zu hören ist, es handle sich nur um eine Pauschale zur Beschwichtigung der SPD. Die Einigung über alle drei großen Wissenschaftsprogramme war in der letzten Sitzung der GWK an dem Streit um die Studienplätze gescheitert.

Der Kompromiss sieht vor, dass den beim Aufbau neuer Studienplätze besonders fleißigen Stadtstaaten geholfen wird, indem man bereits geschaffene Studienplätze im Umfang von fünf Prozent (Berlin und Hamburg) und von sieben Prozent (Bremen) abzieht, damit man sie im neuen Hochschulpakt II als neue Studienplätze finanzieren kann. Im Amtsdeutsch formuliert: Die „Referenzlinie“ wird „gesenkt“. Das „Referenzjahr“, ab dem die Zahl neu von den Ländern aufgebauter Studiengänge gemessen wird, bleibt das Jahr 2005.

Für Berlin greift noch eine weitere Sonderregelung: Hier gibt es die sehr teuren Medizinstudienplätze an der Charité mit Kosten in Höhe von 27 900 Euro pro Student und Jahr. Berlin darf jetzt für alle Medizinstudenten aus den neuen Ländern einen Anteil der fünfprozentigen Pauschale in Anspruch nehmen, die diese dafür vom Bund erhalten, dass sie ihre Studienplätze trotz des drastischen Geburtenrückgangs halten. Die neuen Länder entscheiden selbst, wie sie diesen Anteil, der sich auf zwei Millionen Euro pro Jahr für die Charité beläuft, untereinander aufteilen. An der Charité studieren zurzeit 1034 Studierende aus dem Ausland und 6047 aus Deutschland. Von diesen deutschen Studenten kommen nur 2131 aus Berlin, die übrigen aus anderen Bundesländern: 932 aus Brandenburg, 416 aus Baden-Württemberg, 286 aus Bayern, 530 aus Nordrhein-Westfalen, 211 aus Hessen, 295 aus Niedersachsen, 317 aus Sachsen, 205 aus Sachsen-Anhalt.

Auf der Basis des von Union und SPD gefundenen Kompromisses kann die GWK in einer Sondersitzung am 22. April nun die drei großen Programme für die Wissenschaft beschließen: neben dem Hochschulpakt auch die Verlängerung der Exzellenzinitiative und des Pakts für Forschung und Innovation für die außeruniversitären Einrichtungen. Auf der GWK-Sitzung am 30. März hatte Bundeswissenschaftsministerin Annette Schavan den gesamten Finanzbedarf für die drei großen Programme auf 16 Milliarden Euro beziffert. Bildungsexperten der SPD hatten kritisiert, dass diese Milliardensumme nicht mit den Finanzministern abgesprochen worden sei.

Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz aus Sachsen-Anhalt erklärte hierzu dem Tagesspiegel, das Einvernehmen mit den Finanzministern über die Finanzierung müsse erst noch hergestellt werden. Er rechne jedoch mit keinen Schwierigkeiten, weil alle drei Pakte für die Nachhaltigkeit der Wissenschafts- und Wirtschaftsentwicklung in Deutschland entscheidend seien. Die Ministerpräsidenten werden am 4. Juni die endgültige Entscheidung treffen.

Insgesamt werden nach der gestern erzielten Einigung in den Jahren 2011 bis 2015 zusätzliche 275 400 Studienanfängerplätze geschaffen. Sie kommen zu den 356 076 Studienanfängerplätzen hinzu, die im Jahr 2005 in ganz Deutschland vorhanden waren.

Uwe Schlicht

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