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Vom Eigenheim träumen viele. Doch verspricht es ewiges Glück oder nur ein kurzlebiges Wohlgefühl?

© imago images / Westend61 / Kniel Synnatzschke

Des Wohnens Weh und Wonne: Trautes Heim, nicht immer Glück allein

Das Eigenheim ist für viele ein Lebenstraum: Glücklich ist, wem er erfüllt wird. Aber Studien zeigen, dass man Glück nicht besitzt, man muss es erleben.

Egal, ob die Hypothekenzinsen oder die Immobilienpreise steigen: Etwa 60 Prozent der Bundesbürger träumen nach wie vor vom Eigenheim. Ergebnisse einer Untersuchung der Universität Basel legen aber nahe, dass man von der Erfüllung dieses Traums nicht zu viel erhoffen sollte.

„Dass Wohneigentum glücklich macht, ist vermutlich eine der am meisten verbreiteten intuitiven Annahmen über Glück“, schreiben Reto Odermatt und Alois Stutzer in der Einleitung zu ihrer Untersuchung. Doch inwieweit decken sich hier Wunsch und Wirklichkeit? Um diese Frage zu beantworten, zogen die Schweizer Glücksforscher und Wirtschaftswissenschaftler die Daten des „Sozio-Oekonomischen Panels“ heran, der seit 1984 in Deutschland regelmäßig erhoben wird. Darin enthalten sind auch die Aussagen und Erwartungen zur  Lebenszufriedenheit von 839 Personen, die Wohnungseigentum erworben hatten und dort eingezogen waren.

Bröckliges Glück

Die Analyse zeigte: Die frischgebackenen Immobilienbesitzer erwarteten, dass die Erfüllung ihres Eigenheimtraums sie langfristig glücklicher machen würde. Doch dieser Zustand hielt sich in der Realität nur in der Zeit rund um den Immobilienkauf und den Einzug in die eigenen vier Wände.

Danach bröckelte das Glück im Laufe der Jahre. Wobei dies weniger für Familienmenschen galt, bei denen die sozialen Werte im Vordergrund standen. Die größte Diskrepanz zwischen dem erwarteten und schließlich real eintretenden Glück empfanden diejenigen, die sich über Einkommen und beruflichen Erfolg definierten.

Wenn Sie glücklich sind, genießen Sie es – es währt nicht lange.

Reto Odermatt, Glücksforscher, Universität Basel

Als eine Ursache für die überdurchschnittliche Enttäuschung dieser Menschen vermutet Odermatt, dass sie, gerade weil sie ihr Eigenheim stärker mit einem Statusgewinn verbinden, nach dem Umzug schon bald von der Realität eingeholt werden. „So werden sie beispielsweise entdecken, dass die Häuser in der Nachbarschaft auch ziemlich groß sind“, erläutert Odermatt. „Und schon ist man der kleine Fisch im großen Teich und nicht mehr der große Fisch, der im kleinen Teich dominiert hat.“

Materieller orientiert, also unzufriedener

Aus früheren Studien ist bekannt, dass materiell orientierte Menschen ohnehin unzufriedener sind als andere. Was nicht zuletzt, wie Odermatt betont, daran liegt, dass sich Menschen an materielle Güter wie Gehaltserhöhungen, Schmuck oder auch ein neues Eigenheim und Auto eher gewöhnen als an ein Erlebnisgut, wie etwa an einen Konzertbesuch oder eine Wanderung. „Über solche Ereignisse kann man später besser reden und sich austauschen“, so der Wirtschaftswissenschaftler, „und dadurch bleiben sie lebendiger für uns als etwa ein Schmuckstück, das man nach zweimaligem Tragen irgendwo in der Schublade verstaut hat.“

Generell gewöhnen wir uns eher an die Dinge im Leben, an die wir nicht immer wieder erinnert werden. Was enttäuschend für materiell orientierte Menschen ist, weil es oft den Genuss an ihren erworbenen Gütern schmälert. Doch für andere kann dieser Mechanismus, in umgekehrter Richtung, geradezu tragisch werden.

„Querschnittgelähmte etwa können sich nur teilweise an ihren Zustand gewöhnen, weil sie ja im Alltag immer wieder an ihre Behinderung erinnert werden“, betont Odermatt. Auch bei Langzeitarbeitslosen sehe man nur wenig Gewöhnung. „Wer unter dem Armutslevel lebt, wird im alltäglich Leben immer wieder mit dieser Situation konfrontiert – und deswegen kann er sich nur schwer damit arrangieren.“

Andererseits zeigen die vorläufigen Ergebnisse einer weiteren Basler Studie, dass Menschen selbst den Tod des Partners oder der Partnerin hinter sich lassen können. Das drückt zwar anfangs stark auf Lebenszufriedenheit, doch spätestens nach fünf Jahren kehrt sie wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Weswegen Odermatt rät: „Wenn Sie glücklich sind, genießen Sie es – denn es währt nicht ewig. Und wenn Sie unglücklich sind, verzweifeln Sie nicht – denn auch das währt nicht ewig.“

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