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Pandemie-Kandidat. Das neue Vogelgrippevirus H7N9 unter dem Elektronenmikroskop.

© Cynthia S. Goldsmith and Thomas Rowe/ CDC

H7N9: Die neue Vogelgrippe bleibt gefährlich

Seit fast drei Wochen hat China der Weltgesundheitsorganisation keine neuen Fälle mehr gemeldet. Trotzdem ist es zu früh zum Aufatmen. Denn Tests an Frettchen haben gezeigt, dass das Virus auch über die Luft übertragbar ist.

Keine Nachrichten sind gute Nachrichten, zumindest wenn es um die neue Vogelgrippe in China geht. Bisher hat H7N9 131 Menschen krank gemacht und 36 von ihnen getötet. Während diese Zahl im April fast täglich stieg, wurden der Weltgesundheitsorganisation seit dem 8. Mai keine neuen Fälle gemeldet – vermutlich, weil der Frühsommer und die Schließungen der Geflügelmärkte im Osten Chinas die Ansteckungsgefahr vorläufig gesenkt haben. Trotzdem werde das Virus nicht verschwinden, warnte der WHO-Grippeexperte Keiji Fukuda Delegierte der Weltgesundheitsversammlung in Genf. „Wir müssen weiter auf der Hut sein. Die Welt ist nicht komplett vorbereitet auf ein großes, schweres Ereignis.“

Dass die neue Vogelgrippe ein Pandemiekandidat bleibt, unterstrich eine Studie, die jetzt im Fachblatt „Science“ erschien. Anders als ein anderes Vogelgrippevirus, H5N1, kann das neue Virus bereits Frettchen über die Atemluft anstecken. Frettchen sind das beste verfügbare Tiermodell für Grippeinfektionen von Säugetieren – einschließlich Menschen.

Dass ein Vogelgrippevirus über Tröpfcheninfektion weitergegeben werden kann, ist nicht selbstverständlich. Die Viren sind normalerweise Untermieter im Magen und Darm von Vögeln und werden über den Kot ausgeschieden. Die Atemwege anderer Tierarten sind eine völlig neue Umgebung, an die sich ein Virus erst anpassen muss. Weil es unter den 131 Patienten in China nur einzelne Häufungen in Familien gab, ging die WHO bisher davon aus, dass diese Menschen sich entweder bei Geflügel auf dem Markt mit H7N9 angesteckt hatten oder durch einen sehr engen Kontakt. Eine fortwährende Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist nach wie vor nicht bewiesen.

Die neue Vogelgrippe ist aber anscheinend auf dem besten Weg, die Tröpfcheninfektion zu lernen. Allerdings meistert es den neuen Trick noch nicht so effizient wie die saisonale Grippe. Das ergaben Experimente von chinesischen, amerikanischen und kanadischen Wissenschaftlern um Yi Guan von der Universität Hongkong. Die Forscher infizierten zunächst sechs Frettchen mit einem Virus, das einen Patienten in Schanghai getötet hatte. Dann teilten sie die kranken Frettchen in drei Käfige auf und setzten jeweils ein gesundes Frettchen dazu. Bei diesem engen Kontakt steckten sich alle drei Frettchen an. Zusätzlich platzierten die Forscher jeweils ein gesundes Frettchen in einem Einzelkäfig in zehn Zentimetern Abstand zu den anderen: Ein Frettchen wurde sichtbar krank, im Blut eines Frettchens waren Antikörper zu finden und eines blieb gesund. Der einzige mögliche Ansteckungsweg war in diesen Fällen die Luft.

Anders als die Menschen wurden die Frettchen nicht besonders schwer krank. Sie husteten und niesten zwar etwas. Teilweise drang das Virus auch ins Gehirn der Tiere vor. Aber sie bekamen kein hohes Fieber. Nach 16 Tagen war der Spuk für sie vorbei. Vor allem aber gaben die Tiere das Virus in der ersten Woche bereits weiter, bevor sie selbst Symptome hatten. Daraus ziehen die Forscher für den Menschen zwei Schlüsse: Diese Grippe kann man nicht dadurch aufhalten, indem man die Kranken isoliert. Und möglicherweise gibt es viele mildere Fälle, die bisher übersehen wurden.

Besonders für Menschen mit einer anderen Grunderkrankung ist H7N9 gefährlich. Sie haben das größte Risiko, auf einer Intensivstation zu landen oder zu sterben, schreiben chinesische Forscher um Hai-Nv Gao von der Zheijiang-Universität im Fachblatt „New England Journal of Medicine“. Sie haben die Akten der ersten 111 Patienten ausgewertet. Insgesamt mussten mehr als drei Viertel der Patienten wegen akuter Atemnot oder Schock auf die Intensivstation, das mittlere Alter der Patienten betrug 61 Jahre, etwa die Hälfte hatte Kontakt zu lebendem Geflügel, und mehr als 60 Prozent hatten mindestens eine weitere Krankheit. Ein Drittel starb.

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