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Mann mit E-Zigarette.

© AFP

Rauchstopp: E-Zigaretten helfen ähnlich wie Nikotinpflaster

Nur eine Minderheit derer, die das Rauchen aufgeben wollen, schaffen es. Ob man dabei Nikotinpflaster oder E-Zigaretten als Hilfsmittel nutzt, ist nicht entscheidend, zeigt eine neuseeländische Studie.

Der Abschied kann schwer sein. Italo Svevos Romanheld hat unzählige „letzte Zigaretten“ geraucht. Sie schmecken ihm am besten. Noch im hohen Alter kommt er „von einer Zigarette zu einem guten Vorsatz und von einem guten Vorsatz zu einer Zigarette.“ Ob es ihm mit einer elektrischen – ohne Teer, Ruß und Qualm – genauso gegangen wäre?

In der Fachzeitschrift „Lancet“ wurden nun die Ergebnisse einer pragmatischen Studie zum Nutzen der E-Zigarette bei der Raucherentwöhnung publiziert. Christopher Bullen von der Universität von Auckland in Neuseeland und sein Team haben zusammen mit Gesundheitsforschern aus England 657 entwöhnungswillige Raucher in drei Gruppen unterteilt: 289 von ihnen bekamen alle Utensilien für das elektrische Rauchen einer nikotinhaltigen Substanz geliefert, 295 wurden mit Nikotinpflastern versorgt, eine Kontrollgruppe von 73 Teilnehmern wurde mit nikotinfreien „Placebo“-E-Zigaretten ausgestattet. Das alles für drei Monate. Sechs Monate nach Versuchsbeginn wurde dann getestet, wer in der Zwischenzeit mit dem Rauchen „echter“ Zigaretten aufgehört hatte. Die Ersatzprodukte waren auch in der zweiten Studienphase weiter erlaubt.

Trotzdem hatte es nur eine kleine Minderheit der Teilnehmer geschafft, sich vom blauen Dunst zu trennen – weit weniger, als die Forscher zuvor optimistisch angenommen hatten. Die Zahl der Probanden war folglich zu gering, um die Unterschiede zwischen den drei Gruppen statistisch aussagekräftig zu machen. Erkennbar war immerhin ein kleiner Vorsprung der nikotinhaltigen E-Zigarette: 7,3 Prozent derjenigen, die mit dem Dampf Nikotin abbekommen hatten, aber nur 4,1 Prozent der „Placebo“-Raucher hatten sich nach einem halben Jahr von den herkömmlichen Zigaretten verabschiedet. Die Nutzer der nikotinhaltigen Pflaster lagen mit 5,8 Prozent zwischen den beiden E-Zigaretten-Gruppen.

Die E-Zigarette zwingt nicht zum Bruch mit Verhaltensmustern

Sobald die Forscher den Konsum der Rückfälligen genauer betrachteten, war allerdings der Vorteil der nikotinhaltigen E-Zigarette gegenüber den Pflastern erkennbar: Nach einem halben Jahr hatten die Nikotin-„Dampfer“ ihren Verbrauch um 57 Prozent reduziert, die Nutzer der Pflaster nur um 41 Prozent. Die nikotinfreie E-Zigaretten-Gruppe lag mit 45 Prozent dazwischen. Und ob nun mit Nikotin oder ohne: Wer in der Studie zufällig E-Zigaretten bekam, blieb mit größerer Wahrscheinlichkeit bei dieser Methode als die Vergleichsgruppe beim Pflaster. Außerdem waren die verwendeten E-Zigaretten zumindest kurzfristig nicht gesundheitsschädlicher als die Pflaster.

E-Zigaretten sind erst seit 2004 auf dem Markt. Inzwischen haben sie millionenfach Abnehmer gefunden. Einer kürzlich veröffentlichten britischen Studie zufolge experimentiert über ein Viertel aller entwöhnungswilligen Raucher in Großbritannien zumindest einmal damit. Grundsätzlich unterscheidet sich die Idee, das stimulierende Nervengift Nikotin ohne Hunderte schädlicher, krebsauslösender Stoffe aufzunehmen, die als Verbrennungsprodukte beim Rauchen entstehen, zwar nicht vom Pflaster. Die E-Zigarette zwingt aber nicht zum Bruch mit Verhaltensmustern. Man kann sie in der Hand halten, man kann an ihr ziehen.

Ganz sorglos sollte man das allerdings nicht tun, warnte kürzlich „Der Arzneimittelbrief“: „Was in der Lunge mittel- und langfristig mit den Geschmacks- und Trägerstoffen passiert, ist völlig unklar.“ Sicher sei nur, dass weder künstliche Aromen noch das Vernebelungsmittel Propylenglykol etwas in den Lungenbläschen zu suchen haben. Beides befindet sich in der Flüssigkeit, die in dem Gerät in einem Verdampfer erhitzt und als Nebel inhaliert wird. Außerdem wird kritisiert, dass die Zusammensetzung der Flüssigkeit in den Kartuschen stark schwanke.

Krebsforscher fordern eine bessere Kontrolle der Inhaltsstoffe

Das Deutsche Krebsforschungszentrum plädiert deshalb in einer Broschüre dafür, die E-Zigaretten EU-weit dem Arzneimittelgesetz zu unterstellen. So könnten sie besser kontrolliert werden. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung bezeichnet E-Zigaretten als mögliche Gesundheitsgefahr. Es seien Langzeitstudien nötig, um hier mehr Sicherheit zu bekommen, schreiben die neuseeländischen Gesundheitsforscher im „Lancet“.

Für ihre Studie stellte zwar sein Hersteller die E-Zigaretten zur Verfügung. Die Untersuchung selbst wurde aber vom öffentlichen Rat für Gesundheitsforschung finanziert. Es sei eine Pionierstudie, lobt der Suchtforscher Peter Hajek von der Londoner Queen-Mary-Universität in einem Kommentar: „Die Schlüsselbotschaft ist, dass E-Zigaretten mindestens so effektiv sind wie Nikotinpflaster, unter den Bedingungen minimaler sonstiger Unterstützung.“

Dieser Zusatz ist wichtig. Denn der Rauchstopp wird erfolgreicher umgesetzt, wenn er von einem Programm mit verhaltenstherapeutischen Elementen begleitet wird. Schließlich ist Nikotin ein Stoff, der innerhalb von sieben bis acht Sekunden im Gehirn an spezielle Rezeptoren andockt und die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe im Belohnungssystem ankurbelt – und so schnell abhängig macht. Außerdem wird Rauchen durch das erlernte Verhalten zum Bestandteil des Leben. Dagegen kommt auch die E-Zigarette nur schwer an.

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