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Energie: Wasserstoffkraftstoff wird flüssig

Stickstoff eröffnet neue Möglichkeiten, praktische saubere Kraftstoffe herzustellen

Vergesst die Versuche, gasförmigen Wasserstoff zur sicheren Aufbewahrung in poröse Materialien zu füllen: Die Zukunft des sauberen Kraftstoffs liegt darin, flüssigen Wasserstoff zu befördern, behauptet Robert Crabtree von der Universität Yale in New Haven.

Das bedeutet, dass Autos, die mit Kraftstoffzellen betrieben werden, die mit Wasserstoff und Sauerstoff laufen und als Abfallprodukt lediglich Wasser produzieren, mit nur geringfügigen Umbauten an Tankstellen die bereits existierende Flüssigkraftstoffinfrastruktur nutzen könnten. Unter Hochdruck stehender gasförmiger Wasserstoff, der potenziell gefährlich ist, könnte so vollständig aus dem öffentlichen Raum entfernt werden. Außerdem wären keine komplett neuen Distributionswege und Kraftstoffliefersysteme nötig.

"Dadurch, dass wir eine Flüssigkeit verwenden, vereinfachen wir die Technik", sagt Crabtree, der der amerikanischen Chemiegesellschaft in Boston, Massachusetts, seine Arbeit über die Entwicklung von stickstoffhaltigen organischen Flüssigkeiten, die Stickstoff speichern und abgeben können, vorstellte.

Kraftpaket

Bislang konzentrierte sich die Forschung bei der Aufbewahrung von Wasserstoff auf Materialien, die man metallische Hybriden und - seit kurzem - metallisch-organische Systeme (metal-organic-frameworks MOFs) nennt. Das sind extrem poröse Materialien, die mit Gas gefüllt werden können. Aber genug Wasserstoff in diese Systeme zu bekommen, um einen Tank von angemessener Größe und Gewicht herstellen zu können, ist schwierig (1), und um das Gas hinein- und wieder herauszubekommen, bräuchte man neue Tanksysteme.

Stattdessen stellt sich Crabtree ein System vor, das einen mit einer organischen Flüssigkeit gefüllten Standardbenzintank nutzt. Diese Flüssigkeit soll durch ein erhitztes Modul, das einen Katalysator enthält, geleitet werden. Dadurch würde der Wasserstoff gelöst und Stück für Stück freigelassen, um als Kraftstoff zu dienen. Die verbleibende wasserstofflose Flüssigkeit würde an einer Tankstelle ausgetauscht und aufbereitet - die Flüssigkeit kann wiederholt mit Wasserstoff angereichert werden und ist daher wieder verwendbar. Währenddessen würde der Tank schnell mit frischer, wasserstoffhaltiger Flüssigkeit aufgefüllt werden.

Das Hauptproblem bei diesen Flüssigkeiten ist, dass man in der Regel hohe Temperaturen (eine Erhöhung um 600 Grad Celsius) benötigt, um den Wasserstoff freizusetzen - nicht sehr praktisch in einem Auto. Crabtree schlägt vor, dieses Problem zu umgehen, indem er seinen organischen Flüssigkeiten Stickstoff beigibt.

Stickstoff bindet weniger stark an Wasserstoff als Kohlenstoff, und das Vorhandensein von Stickstoff in einem kohlenstoffhaltigen Ring schwächt die verbleibenden C-H-Verbindungen. Diese Schwächung macht es leichter, Wasserstoff aus der Verbindung zu lösen, wenn die Flüssigkeit über den Katalysator läuft, und man käme mit geringeren Temperaturen aus - das Material müsste lediglich um 50 Grad Celsius erhöht werden.

Nicht schwer zu handhaben

Der weltgrößte Hersteller von Wasserstoff, Air Products and Chemicals in Allentown, Pennsylvania, investiert viel Geld in ein ähnliches Flüssigkraftstoffsystem. "In jedem zukünftigen Modell der Wasserstoffwirtschaft erscheint es praktischer, Flüssigkeiten zu bewegen statt Gase", sagt Alan Cooper, Chemiker in der Forschung bei Air Products. Zum aktuellen Forschungsstand sagt er, "die Konsumenten der Zukunft werden nie mit flüssigem Wasserstoff zu tun haben." Er ist zuversichtlich, dass ihre Flüssigkeiten nahe daran sind, die Vorgaben des US-Energieministeriums zu erfüllen, nach denen bis zum Jahre 2010 ein Kraftstofftank entstehen soll, der einen Massenanteil von 6% Stickstoff enthält.

Air Products stellen fest, dass die öffentliche Besorgnis über die Sicherheit von unter Hochdruck stehendem Gas einer der Gründe für ihr Interesse an Flüssigkeiten ist. Doch Peter Edwards, Experte für die Aufbewahrung von Wasserstoff an der Oxford Universität, ist wenig überzeugt, dass wir uns über die Aufbewahrung von gasförmigem Wasserstoff sorgen müssen. "Die Fortschritte in der Technologie zur Entwicklung von Hochdruckbehältern sind bemerkenswert", sagt er; er habe einen mit Wasserstoff gefüllten Hochdrucktank in einem Lagerfeuer stehen sehen, ohne dass etwas passiert wäre.

Aber das bedeutet nicht, dass man die Erforschung flüssiger Technologien aufgeben sollte. "Alle potenziell innovativen Wege, effektive Wasserstoffaufbewahrungsmaterialien zu entwickeln - massiv oder flüssig -, sind sehr wichtig", sagt Edwards.

(1) Sanderson, K. Nature 448, 746-748 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 24.8.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news070820-14. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Katharine Sanderson

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