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Erbgut-Analyse: Wie Bakterien Jahrtausende überstehen

Ein minimaler Stoffwechsel ist notwendig, um über sehr lange Zeiträume das Erbgut funktionsfähig zu erhalten.

Eingeschlossen im Dauerfrostboden können Bakterien mehrere hunderttausend Jahre überleben. Dies ist aber nur möglich, wenn sie ihr Erbgut (DNS) aktiv vor chemischer Veränderung schützen. Das schließen dänische Molekularbiologen aus Analysen von Erbgut, das aus bis zu einer Million Jahre alten Bodenproben stammte. Demnach verdanken die ältesten Mikroben der Welt ihr Überleben einer ständig aktiven DNS-Reparatur.

Sie hatten ihren Stoffwechsel also nicht wie bisher vermutet auf null reduziert. Ein minimaler Stoffwechsel ist vielmehr notwendig, um über sehr lange Zeiträume das Erbgut funktionsfähig zu erhalten, schreiben Forscher um Eske Willerslev (Universität Kopenhagen) im Fachjournal „PNAS“ (Proceedings of the National Academy of Sciences, Band 104, S. 14401). „Die effektivste Strategie für Bakterien, lange Zeitperioden zu überleben, besteht nicht darin, Sporen oder ähnliche Ruhestadien zu bilden“, sagt Willerslev. Die Bakterien überdauerten am längsten, wenn die Fähigkeit zur DNS-Reparatur aktiv bleibe.

Die Forscher hatten Proben von sibirischen und kanadischen Dauerfrostböden auf bakterielles Erbgut untersucht. Es gelang ihnen, aus Böden, die bis zu einer halben Million Jahre alt waren, noch intakte DNS-Stücke einer Länge von 4000 Basenpaaren zu vervielfältigen. Dies spricht für die Existenz lebensfähiger Bakterien. Aus bereits abgestorbenen Mikroorganismen hätte man nur noch wesentlich kürzere DNS–Bruchstücke erhalten.

Die Forscher fanden auch heraus, dass sich in den Bodenproben lebende Organismen befanden, die Kohlendioxid freisetzten. In noch älteren Bodenschichten war keine Stoffwechselaktivität mehr messbar, und es ließen sich keine längeren DNS-Bruchstücke mehr nachweisen.

In bakteriellen Ruhestadien ohne jede Stoffwechselaktivität – wie in den Sporen von Clostridien und Bacillus-Arten – würden sich in derart langen Zeiträumen durch spontan ablaufende chemische Reaktionen zahlreiche Mutationen in der DNS anhäufen.

Ob solche chemischen Veränderungen in den uralten DNS-Proben vorhanden waren oder repariert worden sind, haben die Forscher durch eine Enzymbehandlung überprüft. Diese Tests ergaben, dass das Erbgut aus den 500 000 Jahre alten Bodenproben repariert worden sein muss. Die Autoren halten es für möglich, dass auch in den Böden des Planeten Mars oder des Jupitermondes Europa auf ähnliche Weise Mikroben überlebt haben könnten – sofern es dort jemals welche gab. wsa

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