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Alena Buyx ist die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates.

© dpa/Michael Kappeler

Ethikrat fordert faire Lastenverteilung: Wie Reich und Arm das Klima schützen sollen

Der Deutsche Ethikrat hat seine Stellungnahme zu Klimagerechtigkeit vorgestellt. Für Diskussion sorgt, wie Arm und Reich der Klimaschutz gemeinsam gelingen soll.

„Da sind alle gefragt“, erklärt Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, „Parteien, Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft“. Die Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen sei eine gesellschaftliche Mammutaufgabe.

Das Gremium hat am Mittwoch seine Stellungnahme zur Klimagerechtigkeit vorgestellt. Es geht darin um Fragen der fairen Lastenverteilung und der Verantwortung. Und darum, was wir tun können, „damit uns allen dabei nicht die Puste ausgeht“, so Buyx. Forschende diskutieren enthaltene Empfehlungen zur Lastenverteilung zwischen mehr und weniger Wohlhabenden.

Gruppen, Länder und Generationen

„Menschen tragen sehr unterschiedlich zum Klimawandel bei“, erklärt Kerstin Schlögl-Flierl, Sprecherin der Arbeitsgruppe des Rats zur Klimaethik. Das werfe Gerechtigkeitsfragen auf. Innerhalb unserer Gesellschaft würden wohlhabende Menschen etwa öfter fliegen, während Menschen mit weniger Geld durch viele Klimaschutzmaßnahmen besonders belastet würden.

Flugreisen tragen erheblich zum persönlichen Treibhausgasausstoß bei.
Flugreisen tragen erheblich zum persönlichen Treibhausgasausstoß bei.

© IMAGO/Petrov Sergey

International bestehen große Unterschiede zwischen den hauptsächlichen Verursachern der Erwärmung im globalen Norden und den Menschen im globalen Süden, die oft besonders betroffen sind. „Und junge Menschen und Menschen, die noch nicht einmal geboren sind, werden in Zukunft drastische Klimafolgen zu ertragen haben, die vor allem jetzt und in der Vergangenheit verursacht wurden“, sagt Schlögl-Flierl.

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Belastungen und Verantwortlichkeiten müssten in allen drei Dimensionen – innergesellschaftlich, international und intergenerationell – gerecht verteilt werden. Häufig stehe dabei die Verantwortung von Einzelnen im Mittelpunkt, erklärt Ratsmitglied Armin Grunwald, etwa ihr Konsum- oder Mobilitätsverhalten. „Aus unserer Sicht ist es allerdings unangemessen, die Bewältigung des Klimawandels allein von einzelnen Personen zu erwarten“, sagt Grunwald.

Der Ethikrat verfolge ein Konzept der Multiakteursverantwortung, mit Zuschreibungen gegenüber Staat, privaten Organisationen wie Unternehmen und Individuen. Aber: Wer leistungsfähiger ist – und möglicherweise auch mehr zum Klimawandel beiträgt –, müsse auch stärker in Vorleistung gehen, sagt Grunwald. „Das betrifft sowohl Länder und Unternehmen als auch einzelne Menschen.“

Verbote verbieten?

„Es geht nicht per se um die Sanktionierung reicher Menschen, sondern um die stärkere Besteuerung oder gar um ein Verbot von vermeidbarem Luxuskonsum“, sagt Rudolf Schüßler von der Universität Bayreuth. Der Professor für Philosophie bewertet höhere Steuern auf klimaschädlichen, privaten Luxuskonsum als legitim, aber: „Verbote halte ich für nicht mit unserem Gesellschaftssystem konform und für kontraproduktiv“, sagte er dem Science Media Center Deutschland.

Monsunregen könnten durch den Klimawandel unberechenbar werden, mit Folgen für Milliarden Menschen.
Monsunregen könnten durch den Klimawandel unberechenbar werden, mit Folgen für Milliarden Menschen.

© picture alliance/dpa/XinHua

„Ineffiziente und besonders klimaschädliche Handlungen sollten durchaus verboten oder verunmöglicht werden“, sagt dagegen Christoph Lumer, Moralphilosoph an der italienischen Universität Siena. Allein eine hohe Bepreisung solchen Handelns würde Wohlhabende kaum dazu bringen, ihr Verhalten einzuschränken, weniger Reiche hingegen schon. „Diese Arten von Ungleichheiten wirken mindestens moralisch obszön“, sagt Lumer.

„Wenn Bürger*innen einer demokratischen Gesellschaft in gerechten Verfahren eine stärkere Besteuerung oder gar das Verbot klimaschädlichen Handelns reicher Menschen beschließen, so ist ein solcher Beschluss als angemessen gerechtfertigt anzuerkennen“, sagt Julian Culp von der American University of Paris.

Eine liberale Grundordnung schließe weder progressive Steuersätze noch Verbote prinzipiell aus. Vielmehr läge dies klimapolitisch entweder im aufgeklärten Eigeninteresse aller Bürger*innen. „Oder es entspricht zumindest dem Interesse der großen Mehrheit.“

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