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Evolution: Die lange Wanderung der Salamander

Eine Genstudie analysiert die Wanderwege früherer Amphibien zwischen Amerika und Asien.

Salamander sind nicht wirklich die Tiere, die einem als erstes in den Sinn kommen, wenn es um lange Wanderungen geht. Wissenschaftler, die ihre Geschichte studiert haben, erklären jedoch, dass diese üblicherweise wenig abenteuerlustigen Tiere einst etwa 25.000 Kilometer weit von Amerika nach Asien umsiedelten - und einige von ihnen wieder zurückkamen. Zur Familie der Plethodontidae gehören etwa 380 Salamanderarten, von denen 98 Prozent in Amerika leben. Die übrigen 2 Prozent leben in Europa und Korea und niemand wusste, wie sie dorthin gelang sind. Streuungen wie diese sind unter Vögeln und Säugetieren, die weite Strecken zurücklegen, üblich, "doch wie Salamander so etwas geschafft haben, war eines der großen biogeographischen Mysterien der letzten hundert Jahre", sagt David Vieites, einer der Autoren der neuen Studie. Das Mysterium begann sich vor vier Jahren zu lösen, als Vieites und seine Kollegen nach Korea reisten, um einen neu entdeckten und einzig bekannten asiatischen Plethodontiden, Karsenia koreana, zu untersuchen (1). Es stellte sich heraus, dass Karsenia eng verwandt ist mit einer Gattung, die den Namen Hydromantes trägt und sowohl in Europa wie in Kalifornien zu finden ist. Er unterschied sie sich jedoch deutlich genug, um eine neue Gattungsbezeichnung zu bekommen und auf eine lange Phase unabhängiger Evolution hinzuweisen. Die wahrscheinlichste Erklärung schien zu sein, dass die nordamerikanische Abstammungslinie vor Millionen Jahren von Amerika nach Asien gewandert ist. Eine solche Reise schien ziemlich unwahrscheinlich, daher sequenzierten Viteites und ein Team von Biologen der University of California in Berkeley die DNA dreier Schlüsselgene von 43 Plethodontidae-Spezies, um herauszufinden, ob diese Evolutionsgeschichte stimmt. Sie bestätigten, dass Karsenia von den nordamerikanischen Spezies abstammt (2). Außerdem entdeckten sie eine Querverbindung zu europäischen Spezies sowie Hydromantes in Kalifornien, die darauf hindeutet, dass die letzen beiden Abstammungslinien in Asien entstanden sind. Zusammengenommen legen diese Daten nahe, dass Salamander in der späten Kreidezeit (vor etwa 80 Millionen Jahren) von Amerika nach Asien wanderten und einige von ihnen im Paläozän/Eozän (vor etwa 55 Millionen Jahren) zurückkehrten. Derartige genetische Studien sind notwendig, um die Wanderungen der Salamander zu analysieren, denn sie sind unter den Fossilien spärlich dokumentiert, ihre Knochen sind zu klein und zu fragil, um zu überdauern. Sie sind jedoch nicht eindeutig, sagt der Evolutionsbiologe Jim Hanken von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts. "Ich würde nicht mein Haus darauf verwetten, dass die Ergebnisse bereits letztgültig sind", sagt er.

Über die Brücke

Obwohl Salamander Amphibien sind, schwimmen sie nicht in Salzwasser, was das Überqueren von Ozeanen unmöglich macht. Damit bleibt die Beringia genannte Landbrücke, die zeitweise Alaska und Sibirien verband, die einfachste Wanderroute für diese stummelbeinigen Tiere. Es ist jedoch ungewöhnlich für wärmeliebende Salamander, sich so weit im Norden aufzuhalten wie auf Höhe der Landbrücke. "Möglicherweise stand eine globaler Erwärmung hinter dieser kühnen Reise", sagt David Wake, einer der Autoren der Studie. Eine warme Phase hat die Salamander möglicherweise gezwungen, nordwärts zu wandern, um im komfortablen Temperaturbereich zu bleiben, erklärt er, was sie zu der Landbrücke geführt haben könnte. Warum sie sie überquerten, ist unklar. "Es ist schwer, sich bei irgendetwas wirklich sicher zu sein", sagt der Evolutionsbiologe Brad Shaffer von der University of California. "Aber vieles spricht für die Bering-Hypothese." Wake und Vieitis suchen nun nach weiteren asiatischen Salamandern, um das geschilderte Szenario zu bestätigen.

(1) Min M. S. et al. Nature, 435, 87-90 (2005). (2) Vieites, D. R., Min, M. S. & Wake, D. B. Proc. Natl Acad. Sci. USA doi_10.1073_pnas.0705056104 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 26.11.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2007.286. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Matt Kaplan

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