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Forschung: Ausgezeichnetes Berlin

Wissenschaftler aus mehreren Unis und Instituten werben in Wettbewerben 25 Millionen Euro an Forschungsgeldern ein.

Große Erfolge für die Berliner Wissenschaft: Gleich acht Berliner Forscher sind jetzt mit dem höchsten EU-Wissenschaftspreis, einem millionenschweren Stipendium des Europäischen Forschungsrates (ERC), ausgezeichnet worden. Die Freie Universität konnte zudem ein hoch dotiertes Förderprogramm des Bundesforschungsministeriums (BMBF) gewinnen. In den nächsten Jahren fließen durch diese Erfolge rund 25 Millionen Euro an Berliner Universitäten und Institute.

Das Lateinamerika-Institut (LAI) der Freien Universität und das Ibero-Amerikanische Institut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erhalten vom BMBF 3,7 Millionen Euro für vier Jahre, um ein internationales Forschungsnetzwerk zu sozialen, ökonomischen und politischen Ungleichheiten aufzubauen. „Wir wollen soziale Ungleichheit erstmals weltweit untersuchen“, sagt Sérgio Costa, Soziologe am LAI. Die Ungleichheitsforschung sei seit Karl Marx und Max Weber auf nationaler Ebene betrieben worden, im Zeitalter der Globalisierung müsse es um weltweite Verflechtungen gehen.

Ein Beispiel: Arme Schichten in mexikanischen Städten lebten jahrzehntelang von unterbezahlten Jobs, etwa auf dem Bau. Seitdem sie im Straßenverkauf mit Billigwaren aus China handeln, haben viele den sozialen Aufstieg geschafft. Haushaltsartikel und Textilien importieren sie oft direkt aus Fernost und werden dabei zu transpazifischen Pendlern. Untersucht wird unter anderem auch, was das brasilianische Steak auf europäischen Tellern mit dem Sojaanbau in Amazonien zu tun hat.

An Fragen sozialer, sozioökologischer und machtpolitischer Ungleichheiten soll in dem Netzwerk eine Kerngruppe von 24 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus der Ethnologie, Geografie, Wirtschaftswissenschaft, Politik- und Rechtswissenschaft arbeiten. Beteiligt sind 50 Einrichtungen in Europa, Lateinamerika und den USA. Die Millionenförderung vom BMBF fließt, damit sich die Partner über ihren neuartigen Forschungsansatz austauschen können. Jährlich gibt es Netzwerkkonferenzen in Berlin, Sommerakademien für Nachwuchsforscher in Lateinamerika und den USA.

Den EU-Preis („Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats) erhalten je zwei Wissenschaftler der FU und der TU sowie der Charité. Eine der in der Regel mit 2,5 Millionen Euro für fünf Jahre dotierten Auszeichnungen geht ans Max-Born-Institut in Adlershof, eine ans Fritz-Haber-Institut (Dahlem).

Von der FU werden der Romanist Joachim Küpper und die Mikrobiologin Regine Hengge ausgezeichnet. Küpper will das europäische Theater der frühen Neuzeit als massenmediales Phänomen erforschen und herausfinden, wie kulturelle Netzwerke quer über den Kontinent funktionierten. Hengge untersucht „Biofilme“, die wegen ihrer Antibiotikaresistenz Komplikationen bei Infektionen verursachen können.

Ebenfalls aus dem Bereich der Lebenswissenschaften kommen die Charité-Forscher Klaus-Peter Hoffmann und Christian Rosenmund. Beide befassen sich bei ihren Projekten mit der Frage, wie Signale zwischen den Zellen, vor allem im Gehirn, übertragen werden. Ausgezeichnet wird auch der TU-Mathematiker Günter Ziegler, der über sein Fach hinaus bekannt wurde, als er 2008 das Wissenschaftsjahr der Mathematik inhaltlich organisierte. Einen Preis erhalten zudem der Strömungsmechaniker Oliver Paschereit (TU) sowie die Physiker Thomas Elsässer (Max-Born-Institut) und Gerard Meijer (Fritz-Haber-Institut). Insgesamt vergab die EU Preise an 236 Forscher aus Einrichtungen in 18 Ländern. Nach Deutschland gingen 31 Auszeichnungen – Berlin erhielt davon ein gutes Viertel. Nach EU-Angaben waren 15 Prozent der eingereichten Anträge erfolgreich. Amory Burchard/Tilmann Warnecke

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