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Hauptsache originell. Männer sind kreativer, wenn Frauen fruchtbar sind. Foto: p-a/dpa

© picture-alliance/ dpa

Wissen: Fruchtbare Worte

Zyklusphase der Frau prägt männliches Flirten.

Ein und denselben Sachverhalt kann man sprachlich recht unterschiedlich ausdrücken. Psychologen wissen, dass Gesprächspartner sich in der Wahl ihrer sprachlichen Mittel annähern, je länger und vertrauter sie sich miteinander unterhalten. Nicht nur Sprechtempo, Mimik und Gestik, sondern auch Satzbau und Wortwahl werden ähnlicher. Dass Liebesbeziehungen eher zustande kommen und länger halten, wenn größere sprachliche Übereinstimmungen bestehen, berichteten Molly Ireland und James Pennebaker von der Universität in Texas 2011 im Fachblatt „Psychological Science“.

Was der Psychologe Michael Kaschak von der Florida State University und seine Kollegin Jacqueline Coyle von der ebenfalls dort ansässigen Embry-Riddle Aeronautical University herausfanden, lässt sich damit auf den ersten Blick nicht in Einklang bringen. Wie die Forscher im Fachblatt „Plos one“ berichten, setzen sich junge Männer sprachlich eher von einer Gesprächspartnerin ab, wenn die sich in der fruchtbaren Phase ihres Monatszyklus befindet – wenn sie also besonders attraktiv für sie sein sollte.

An der Studie nahmen 123 männliche heterosexuelle Studenten als Probanden teil. Fünf Studentinnen waren ihre Gesprächspartner. Dabei wurde dokumentiert, in welcher Phase ihres Monatszyklus die Frauen sich gerade befanden. Zudem wurden sie darin geschult, ein gleichbleibend freundlich-distanziertes Verhalten an den Tag zu legen. In einem kurzen Einführungsgespräch, das vorgeblich der Klärung von Formalien diente, saßen die jungen Männer dicht bei den jungen Frauen und konnten sie „beschnuppern“. Aus früheren Studien ist bekannt, dass Männer unbewusst auf subtile Hinweise zur weiblichen Fruchtbarkeit reagieren.

Nun kam der eigentliche Test, in dem beide schematische Zeichnungen vor sich sahen. Die Versuchsleiterin begann mit der Beschreibung eines Bildes und wählte dabei bewusst eine von mehreren möglichen Arten des Satzbaus, anschließend beschrieb der Proband ihr ein anderes Bild. Er war gebeten, das in nur einem Satz und mit einem vorgegebenen Verb zu tun, war aber frei in der Wahl des Satzbaus. Die Sitzungen wurden aufgezeichnet. Das Ergebnis: Die Tendenz zur Anpassung im Satzbau war bei den jungen Männern stärker, wenn sie mit einer Frau sprachen, die gerade nicht in der empfängnisbereiten Phase ihres Zyklus war.

Wie ist das zu erklären? Sollte, im Interesse des Fortpflanzungserfolgs, der Mann nicht gerade an den fruchtbarsten Tagen der Frau alles unternehmen, um ihr zu beweisen, wie gut sie beide zusammenpassen könnten? Bis in die feinsten Verästelungen der Sprache?

Coyle und Kaschak vermuten, dass Männer sich die sprachliche Angleichung für die Zeit vorbehalten, in der tatsächlich eine Beziehung entsteht. Zunächst, in der Phase des Kennenlernens, komme es eher darauf an, sich durch nicht konformes, kreatives Verhalten als starker und attraktiver Mann zu empfehlen. Die potenziellen Partner könnten es unbewusst darauf anlegen, durch unerwartete Formulierungen auf sich aufmerksam zu machen. Interessanterweise passten sich die Männer den Frauen in deren fruchtbaren Tagen eher an, wenn sie sie zuvor als besonders „offen für einen Flirt“ wahrgenommen hatten. „Sobald der Teilnehmer Interesse auf Seiten der Gesprächspartnerin wahrnimmt, fällt die Notwendigkeit weg, ‚Fitness’ als potenzieller Zeugungspartner zu demonstrieren. Dann besteht die adäquate Strategie darin, die Annäherung zu erwidern, die die Gesprächspartnerin zeigt“, so erklären die Autoren ein solches Verhalten.

Die Unterschiede waren nicht überwältigend, aber statistisch bedeutsam. Versuchsteilnehmer übernahmen die Syntax der Frauen, wenn sie sich gerade in ihren fruchtbaren Tagen befanden, bei 49,7 Prozent ihrer Sätze, ansonsten schlossen sie sich ihr in 62 Prozent der Fälle an. Adelheid Müller-Lissner

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