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Wissen: Früh öffnete sich der Eiserne Vorhang

Seit 1969 kooperieren die TU Berlin und die Staatliche Bauuniversität in Moskau

1969 war die Wissenschaft der Politik einen kleinen Schritt voraus. Damals unterzeichneten die TU Berlin und die Staatliche Bauuniversität Moskau (MISI) einen Partnerschaftsvertrag. Das war ungewöhnlich, denn die Technische Universität in Westberlin und die Moskauer Eliteschmiede im Herzen der Sowjetunion waren durch den Eisernen Vorhang voneinander getrennt. „Der Zeitgeist war nicht unbedingt förderlich für eine solche Zusammenarbeit“, erinnert sich Peter Jan Pahl, Professor am Institut für Bauingenieurwesen. Er leitet heute die Kooperation an der TU Berlin. Zum Zeitpunkt des ersten Partnerschaftsvertrages zwischen beiden Hochschulen stand die Entspannungspolitik der 1970er Jahre zwischen dem Ostblock und dem Westen noch bevor.

Nach mehr als dreißig Jahren hat sich die erste Partnerschaft der TU Berlin mit einer osteuropäischen Hochschule mehr als bewährt. Ein Garant der Zusammenarbeit ist Wladimir Karelin, Professor und Rektor der Moskauer Bauuniversität. Er wurde kürzlich mit der Würde eines Ehrensenators der TU Berlin ausgezeichnet. Der 72Jährige hatte die Partnerschaft seinerzeit wesentlich mitinitiiert und das Arbeitsprogramm maßgeblich mitgestaltet.

Besonders intensiv arbeiteten die Universitäten anfangs im Bereich „Wohnbauten in Großstädten“ zusammen, bei der ein intensiver Studentenaustausch stattfand. Unter anderem beschäftigten sich die Wissenschaftler und Studierenden mit der Sanierung von Plattenbauten, die seit den 60er Jahren überall im Osten aus dem Boden schossen. Die Ergebnisse stießen auf großes Interesse von Moskauer Regierungskreisen. Forschung als Brücke über den Eisernen Vorhang hinweg: Diese Vorreiterrolle der TU Berlin wurde vom Berliner Senat im Rahmen der Städtepartnerschaft mit Moskau gewürdigt. Im Juli 2003 wurde der emeritierte TU-Professor und ehemalige Leiter der Kooperation Klaus Künkel für seine Verdienste in der Stadtplanung und im Städtebau ausgezeichnet. Zu den Höhepunkten zählt auch die Planung für den Wiederaufbau der durch ein Erdbeben beschädigten Stadt Arutsch in Armenien. Sie musste fast komplett rekonstruiert werden.

Heute liegt der Schwerpunkt der Zusammenarbeit in der Bauinformatik. Seit 1995 haben sich mehr als 100 Studierende und Wissenschaftler beider Universitäten an der gemeinsamen Entwicklung dieses neuen Fachgebietes beteiligt. Im Ergebnis entstand eine Datenbahn für Bauwesen zwischen dem Lehrstuhl für Bauinformatik in Moskau und dem Internationalen Zentrum für Bauinformatik, das im Dezember 2000 gegründet wurde. Im Mai 2002 richtete MISI einen Lehrstuhl für Bauinformatik ein.

Neben Forschungen, zum Beispiel zur rechnergestützten Kommunikation bei internationalen Bauvorhaben, führen die Universitäten gemeinsam eine jährliche Summer School für junge Wissenschaftler in Berlin durch. Bei den russischen Teilnehmern wird der Austausch mit Begeisterung aufgenommen. Irina Biltchouk, als Mitarbeiterin an der TU Berlin tätig, lobt nicht nur die wissenschaftliche Qualität: „Das menschliche Verständnis wächst, die andere Kultur ist einem nicht mehr so fremd.“ Eines würde sie sich wünschen: dass noch mehr junge Deutsche zum Austausch nach Russland fahren. cho

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