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Gastkommentar: Signal für den Wettbewerb

Die Einstein-Stiftung stellt eine bemerkenswerte Anstrengung des Landes Berlin dar, um die Position des Wissenschaftsstandortes nachhaltig zu stärken – aber sie hat auch Schwächen.

Von München aus blickt man immer aufmerksam auf die Hauptstadt Berlin: Drei Universitäten, weitere Hochschulen in und um Berlin, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Institute wie das Wissenschaftskolleg machen Berlin zu einem der zentralen Wissenschaftsstandorte in Deutschland. Und nun kommt auch noch die Einstein-Stiftung dazu, mit der der Berliner Wissenschaftssenator Zöllner gegen erhebliche Widerstände aus den Universitäten eine neue Einrichtung zur Förderung der Spitzenforschung in Berlin schafft. Die Einstein-Stiftung ist ein gutes Beispiel für den zunehmenden Wissenschaftswettbewerb zwischen den Ländern in Deutschland, zeigt aber ebenso die Probleme des deutschen Wissenschaftssystems auf.

Die Einstein-Stiftung stellt zunächst einmal eine bemerkenswerte Anstrengung des Landes Berlin dar, um die Position des Wissenschaftsstandortes nachhaltig zu stärken. Mit 35 Millionen Euro pro Jahr soll die Stiftung in Zukunft Spitzenforschung an den Universitäten und den außeruniversitären Einrichtungen in Berlin fördern. In Personalstellen gerechnet kann man mit diesem Geld rund 600 neue Positionen für Wissenschaftler schaffen. Die Summe entspricht etwa dem Betrag, den meine eigene Universität nach dem Erfolg in der Exzellenzinitiative pro Jahr zusätzlich zur Verfügung hat. Damit kann eine deutliche Verbesserung der Forschungsbedingungen und -leistungen erreicht werden.

Mit diesem finanziellen Engagement gibt das Land Berlin zudem ein deutliches Signal ab für die nächste Wettbewerbsrunde in der Exzellenzinitiative im Jahr 2011. Andere Länder werden nicht umhinkönnen, über ähnliche Programme nachzudenken. Zwar sind Länder wie Bayern oder NRW ebenfalls bereits aktiv geworden, aber im Volumen und vom Fokus her bleiben sie hinter Berlin zurück.

Dabei darf man allerdings die Schwächen der Einstein-Stiftung nicht übersehen. Die Konstruktion der Stiftung ist außerordentlich kompliziert, hat unklare Entscheidungsstrukturen und sieht drei Gruppen von Entscheidungsträgern vor, die ganz unterschiedliche Interessen verfolgen (müssen): Politiker, Wissenschaftsmanager und Wissenschaftler. Allein fünf Gremien sollen geschaffen werden, um die vorhandenen Mittel auf die aussichtsreichsten Forschungsprojekte zu verteilen. Brauchen würde man eigentlich nur ein unabhängiges Gremium hervorragender Fachwissenschaftler, die ausschließlich nach dem Kriterium wissenschaftlicher Qualität Förderentscheidungen treffen. Die Konstruktion der Stiftung deutet darauf hin, dass es bei der Verteilung der Mittel eben nicht nur um das Ziel wissenschaftlicher Exzellenz geht, sondern dass auch andere, politische Erwägungen eine Rolle spielen sollen.

Doch die Einstein-Stiftung leidet auch unter anderen Schwächen. Eines der Ziele der Stiftung besteht darin, die Kooperation zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu fördern, also die seit vielen Jahren beklagte „Versäulung“ des Wissenschaftssystems aufzulockern. Denn nur durch eine intensive Verzahnung kann der Wissenschaftsstandort Deutschland international auf Dauer erfolgreich sein. Das ist in Berlin nicht anders als in München oder anderswo. Tatsächlich aber fürchten die Universitäten, dass ihre besonders leistungsfähigen Bereiche mit den außeruniversitären verschmolzen werden, während die außeruniversitären Einrichtungen die Sorge haben, letztlich in die Universitäten eingegliedert zu werden. Dies war auch einer der Gründe, warum die ursprüngliche Idee einer Super uni in Berlin bei den Universitäten auf so massiven Widerstand gestoßen ist.

Die Einstein-Stiftung setzt klugerweise auf die Förderung gemeinsamer wissenschaftlicher Projekte, also auf Freiwilligkeit. Aber damit stößt sie auch schnell an die Grenzen, die die deutsche Verfassung der Zusammenarbeit zwischen Unis und außeruniversitären Einrichtungen setzt. Die strikte Trennung von Bundes- und Landeskompetenzen nach der Föderalismusreform gestattet gemeinsame Forschungsvorhaben, schließt aber eine engere Zusammenarbeit weitgehend aus, insbesondere, wenn es um die Lehre geht.

Wenn wir international in eine Spitzenposition vorrücken wollen, müssen wir über neue institutionelle Lösungen nachdenken. Vielleicht der aussichtsreichste Weg ist die Gründung einiger Bundesuniversitäten, wie etwa der frühere Präsident der DFG Ernst-Ludwig Winnacker fordert. Jede Bundesuniversität würde von Bund und Sitzland gemeinsam finanziert werden, sie müsste in enger Abstimmung mit den außeruniversitären Einrichtungen eine Strategie entwickeln, um international an die Spitze vorzustoßen.

Der Autor ist Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Bernd Huber

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