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Wissen: Gesundheit für alle

World Health Summit diskutiert in Berlin

Im ersten Jahr gab es noch einige Kritik, die Ausgewogenheit des Programms betreffend, im zweiten war die Perspektive schon globaler. Nun findet der World Health Summit unter Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy zum dritten Mal im Berliner Langenbeck-Virchowhaus in unmittelbarer Nachbarschaft der Charité statt.

Das Gipfeltreffen in Sachen Gesundheit, das ein internationales Netzwerk medizinischer Fakultäten ausrichtet, ist mit 1200 Teilnehmern aus 80 Ländern fast zu einer festen Größe im Kongressleben der Hauptstadt geworden. Als „Weckruf“ möchte der Charité-Forscher Detlev Ganten, einer der Initiatoren des ehrgeizigen Projekts, das Treffen der Mediziner, Gesundheitswissenschaftler und politischen Entscheidungsträger verstanden wissen: „Die Wissenschaft macht schnelle Fortschritte, doch die praktische Anwendung dieser Errungenschaften ist noch unzureichend und enttäuschend.“

Einiges ist schon erreicht worden. So sterben weniger Kinder in den ersten fünf Lebensjahren. Im Jahr 1990 waren es nach Angaben des UN-Kinderhilfswerkes Unicef zwölf Millionen, heute sind es noch 7,6. Unannehmbar ist, dass darunter 1,7 Millionen Kleinkinder sind, die eine Impfung hätte retten können, und dass sie fast alle in den armen Ländern leben. Dank internationaler Hilfe sind einige der Länder zu Vorbildern geworden, in denen mehr als 90 Prozent der Kinder den verfügbaren Impfschutz haben. „Wir haben keine Schwierigkeiten, die Menschen von den Impfungen zu überzeugen“, sagte Bangladeshs Gesundheitsminister Ruhal Haque in Berlin.

Neben den ansteckenden Krankheiten werden dafür aber auch nicht ansteckende Leiden wie Krebs, Herz-Kreislaufkrankheiten, Schlaganfall und Diabetes in ärmeren Ländern zum Problem. „Eine besondere Herausforderung für unser Gesundheitssystem ist die Kombination einer HIV-Infektion mit einer chronischen Krankheit wie Diabetes“, berichtete Olive Shisana vom südafrikanischen Rat für die Forschung in den Humanwissenschaften. Sie wünscht sich, dass in Afrika und Lateinamerika mehr eigene Forschung stattfindet. Gerade beim Thema Aids und HIV kann sie auf wichtige Ergebnisse von Wissenschaftlerteams aus Nord und Süd verweisen.

Die Forschung zu gravierenden gesundheitlichen Folgen des Lebens in den Megastädten Asiens und Südamerikas findet praktisch nur in Nordamerika und Europa statt. „Die Studien zur Feinstaubbelastung kommen nicht aus den Ländern, in denen sie besonders hoch ist“, sagte der Gesundheitswissenschaftler James Tielsch von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health. Dafür werden in mehreren Ländern Aufklärungskampagnen wissenschaftlich ausgewertet, mit denen man einem anderen Übel beikommen will: der gefährlichen Luft in Innenräumen. Sie entsteht, wenn Holz, Kerosin, Holzkohle oder Abfälle als Brennmaterial fürs Kochen verwendet werden.

„Sogar in 30 bis 50 Prozent der städtischen Haushalte in unterentwickelten Ländern wird mit solchen Brennstoffen gekocht“, sagte Nigel Bruce von der Liverpool School of Tropical Medicine. Die Gefahr für Lungenerkrankungen, aber möglicherweise auch für Frühgeburten steigt dadurch erschreckend an. Fast zwei Millionen vorzeitige Todesfälle gehen nach Schätzung der WHO auf die Folgen der unvollständigen Verbrennungsvorgänge zurück.

Wie wichtig generell Untersuchungen sind, in denen die Wirkung von Gesundheitsprogrammen für ärmere Länder streng wissenschaftlich nachgewiesen wird, wurde in einer Sitzung der Tagung deutlich, die sich der Finanzierung widmete. „Mehr Geld für die Gesundheit auszugeben ist gut, reicht aber nicht aus, schließlich gibt es hier auch Verschwendung“, sagte Matthias Rompel von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit.

Bernhard Schwartländer von der Organisation Unaids forderte mehr Konzentration auf die Maßnahmen, die nachweislich etwas bringen, dazu harte Verhandlungen mit den Pharmakonzernen über Preise für Arzneimittel und Impfstoffe für arme und Schwellenländer. Stolz konnte Uzziel Ndagijimana, Gesundheitsstaatssekretär in Ruanda, berichten, dass dort inzwischen 98 Prozent der Bevölkerung eine Krankenversicherung haben. Die Sterblichkeitsrate der Kinder unter fünf Jahren hat sich in seinem Land in den letzten zehn Jahren halbiert.Adelheid Müller-Lissner

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