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Weltgewandt. Die FU präsentiert sich im Internet gerne international.

© Peter Himsel/FU

Hochschulen und Internationalisierung: Die Freie Universität übt noch Englisch

Würde man der FU für die Umsetzung der Bologna-Reform ein Zeugnis ausstellen, dann stünde neben dem Punkt „englisches Diploma Supplements“ bestenfalls ein „Ausreichend“. Denn Abschlussdokumente gibt es regulär für viele nur auf Deutsch.

Würde man der Freien Universität für die Umsetzung der Bologna-Reform ein Zeugnis ausstellen, dann stünde neben dem Punkt „englisches Diploma Supplements“ bestenfalls ein „Ausreichend“. Eigentlich sollte es heute an jeder europäischen Uni zur Routine gehören, Absolventen ein Zusatzzeugnis in englischer Sprache auszustellen, ein Diploma Supplement, das ihnen hilft, sich auf dem ausländischen Arbeitsmarkt oder bei Unis im Ausland für ein Masterstudium zu bewerben – an amerikanischen Unis ist dabei ein solches „transcript“ Pflicht.

An der FU ist man jedoch noch weit von der automatischen Ausgabe der Supplements entfernt. Längst nicht alle Fachbereiche haben die Angaben zu den insgesamt 170 Bachelor- und Masterstudiengängen formuliert und ins Englische übersetzt. Darüber, wo die Supplements noch fehlen, hat die FU-Zentrale keinen Überblick. Dabei gehört Internationalität zum Kern des Selbstbildes der FU. Im Exzellenzwettbewerb siegte sie zwei Mal mit ihrem Konzept der „Internationalen Netzwerkuniversität“.

Diploma Supplements sind mehr als schlichte Zeugnis-Übersetzungen. Sie erklären das deutsche Hochschulsystem, von der Fach- bis zur Musikhochschule. Das deutsche Notensystem ist darin beschrieben und was einen Master von einem Diplom unterscheidet. Bis hin zum einzelnen belegten Modul kann man dort nachvollziehen, welche Kompetenzen der Absolvent erworben hat.

Zeit für die Formulierung der Zeugnistexte hatte die FU genug. Die Europäische Kommission hat sich schon 1997 für ein umfassendes, mehrsprachiges Abschlussdokument ausgesprochen. Spätestens mit Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge sollten aber alle europäischen Universitäten das Dokument im Programm haben. An der FU sind seitdem fast zehn Jahre vergangen.

An der Universität sind manche Fachbereiche weiter als andere. Bei den Juristen wird das Zeugnis bereits seit 2003 an alle Absolventen ausgegeben. Auch die Wirtschaftswissenschaftler bekommen deutsche und englische Papiere. Im Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften muss man dagegen erst mal einen Antrag stellen. Der Leiter des Fachbereichs, Matthias Dannenberg, bestätigt, dass es sich um „keine normale Serviceleistung“ handelt. Studenten erhielten aber ein Zeugnis in Englisch, „wenn wir darum gebeten werden“. Auch aus dem Prüfungsbüro der Physiker heißt es, frage doch mal ein Student nach, „müssen wir improvisieren“.

An der technischen Umsetzung hakt es bei der FU ebenfalls. Die gewünschten Papiere werden teils noch im Word-Programm, also im Grunde per Hand, zusammengestellt. Achim Stenzel, der als Leiter des Teams für Studienstrukturentwicklung für das computergestützte Verwaltungssystem zuständig ist, gibt zu, dass er „zufriedener sein“ könnte. Sein Ziel ist, dass die Prüfungsbüros das achtseitige Dokument auf Knopfdruck ausdrucken können, sobald alle Noten vorliegen: „Aber soweit sind wir noch nicht.“

Dass die Sache kein Ding der Unmöglichkeit ist, macht die Humboldt-Universität vor. Seit 2006 bauen sie hier ein zentralisiertes Verwaltungssystem auf. Über 3500 Modultitel mussten übersetzt werden. Ein halbes Jahr hat allein die Beschreibungen der 16 Master- und 26 Bachelorstudiengänge der Philosophischen Fakultät gedauert. „Das war schrecklich, ja!“, erinnert sich Barbara Gollmer, die die Übersetzung dort koordiniert hat.

An der Uni München verwaltet das Prüfungsamt für Geistes- und Sozialwissenschaften 17 000 Studierende. Seit 2008 bekommen alle Absolventen, auch die der Magisterfächer, einen mehrseitigen Zeugnis-Anhang. Beschreibungen für 60 Fächer mussten übersetzt werden. Auch in Mannheim und Aachen gehört das Diploma Supplement zur Routine.

Die FU verteidigt sich mit ihrem „hohen Anspruch“. Von der Modul-Anmeldung bis zur Dokumentation soll eines Tages alles automatisiert funktionieren, erklärt Stenzel. Bis dahin bemüht die FU weiter auf Antrag einen Übersetzer – und hofft, dass die Nachfrage der Studierenden sich in Grenzen hält. Sarah Schaschek

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