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Hochschulen: Uni-Ehre für das Militär?

Eine Auszeichnung für eine Raumfahrtfirma spaltet die Universität Bremen - das Unternehmen verdient auch Geld mit Rüstung

„Rote Kaderschmiede“ – falls dieser Vorwurf gegen die 1971 eröffnete Universität Bremen jemals berechtigt war, dann ist das lange her. Inzwischen ehrt sie sogar Unternehmer, die auch für das Militär arbeiten: Am Donnerstag erhielten die Gründer und Mitlenker des Bremer Raumfahrtkonzerns OHB Technology, Christa und Manfred Fuchs, den Titel „Ehrenbürger und Förderer der Universität Bremen“.

Nicht alle sind über die Ehrung erfreut: Der Asta und andere Friedensbewegte stören sich an dieser selten vergebenen Auszeichnung und sehen einen Verstoß gegen die frühere Uni-Selbstverpflichtung zu ausschließlich ziviler Forschung. Bei der Ehrung am Donnerstag versuchte ein Dutzend Demonstranten, den „Rüstungsmanagern“ vor dem Gebäude einen Alternativpreis zu überreichen: ein mit roten Farbklecksen verziertes Möbelstück mit dem Titel „blutiger Schreibtischtäter-Schreibtisch“. Doch das Ehepaar nahm lieber einen Hintereingang.

Der Raumfahrtkonzern versuchte 2007 vergeblich, über seine Augsburger Tochter MT Aerospace bei deutschen Airbus-Werken einzusteigen. Christa Fuchs leitet den Aufsichtsrat, ihr Mann Manfred Fuchs sitzt im Vorstand. Die OHB-Gruppe ist nicht nur der größte Raumfahrtkonzern in allein deutschem Besitz, sondern verdient ihr Geld auch mit Rüstungsprojekten wie dem Aufklärungssatelliten SAR-Lupe. Hier sehen der Asta und das Bremer Friedensforum das Problem: Der Radarsatellit ermögliche es, Kriege zu führen. Außerdem würden solche Ortungsdaten benutzt, um an den EU-Grenzen Bootsflüchtlinge abzufangen. Für den AStA ist das „Krieg gegen Flüchtlinge“.

Das Wort „Krieg“ nimmt Vorstand Fuchs dagegen nicht gerne in den Mund. Auf Anfrage nannte er die Aufgabe der SAR-Lupe „Beobachtung der Erde, vor allem der Krisen- und Kriegsgebiete, in denen die Bundeswehr eingesetzt wird“. Menschen würden dadurch nicht „zur Zielscheibe“ gemacht. Und dass OHB an der Abwehr von Flüchtlingen beteiligt sei, bestreitet die Firma vehement. Ehepaar Fuchs ist daher „erstaunt“ über die Vorwürfe, aber auch „tief berührt“.

Auch die Unispitze weist die Kritik zurück. Der Akademische Senat hatte die Ehrung mit großer Mehrheit beschlossen. Die Begründung: Ehepaar Fuchs habe zahlreiche Kongresse und Institute unterstützt, vor allem den Bau eines „Fallturms“ für Experimente unter Schwerelosigkeit. Es habe damit „ganz wesentliche Beiträge“ für den Erfolg der Hochschule geleistet. Ein Sprecher des Rektorats bestätigte auf Nachfrage zwar den „absoluten Konsens und die Beschlusslage der Uni, nur zivile Forschung zu betreiben“. Aber dass dies gegen die Ehrung spräche, findet die Uni-Leitung nicht: „Inwieweit OHB in der Rüstungsforschung tätig ist, ist nicht bekannt.“ Immerhin räumt der Sprecher ein, dass es Grauzonen gebe, in denen zivile und militärische Forschung „schwer zu trennen sind“. Rektor Wilfried Müller habe deshalb angeregt, diese Problematik noch einmal im Senat zu diskutieren. Eckhard Stengel

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