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Immunbiologie: Superbazillus analysiert

MRSA-Stamm nutzt ein tödliches Protein, um das Immunsystem anzugreifen.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass der bösartigste Stamm von Staphylococcus aureus molekulare Bomben abgibt, die Immunzellen abtöten. Diese Proteinbomben unterscheiden den bösartigeren medikamentenresistenten Stamm, der sich mittlerweile außerhalb von Krankenhäusern verbreitet (engl.: community associated, CA), von demjenigen, der jahrzehntelang Kliniken geplagt hat. Die Proteine - phenollösliche Moduline (PSM) - sind nur einer von vielen Tricks, die der medikamentenresistente S. aureus in petto hat. Die Proteine mit einem Antiserum zu attackieren und gleichzeitig das Bakterium mit Antibiotika, die noch eine Wirkung haben, wie zum Beispiel Vancomycin, anzugreifen, könnte helfen, die steigende Welle von Infektionen zurückzudrängen. S. aureus hat die üble Eigenschaft, gegen die Medikamente, die üblicherweise zu seiner Behandlung eingesetzt wurden, resistent zu sein, häufig mit tödlichen Folgen. Der methicillin-resistente S.aureus (MRSA), der gleichzeitig gegen viele andere Medikamente resistent ist, verursacht in den USA mehr als 18.000 Todesfälle jährlich - und stellt damit die geschätzten 16.000 durch HIV verursachten Todesfälle in 2005 in den Schatten (1). Und die Infektionsrate steigt: 1974 war MRSA verantwortlich für 2 Prozent aller Staphylokokkeninfektionen, 2003 lag der Anteil bereits bei 64 Prozent. Die Symptome reichen von Pusteln oder Furunkeln bis zu Lungenentzündung. Es gibt verschiedene MRSA-Typen. CA-MRSA ist gegen weniger Antibiotika resistent als der in Krankenhäusern vorkommende Stamm, jedoch gefährlicher und in der Lage, Menschen binnen weniger Tage zu töten.

Erste Verteidigungslinie

Michael Otto, Mikrobiologe am National Institute for Allergy and Infectious Disease in Hamilton, Montana, und seine Kollegen suchten nach Antworten auf die Frage, warum MRSA so bösartig ist, und entdeckten die PSM: Proteine, die aus 20-40 Aminosäuren bestehen und mit den PSM verwandt sind, die in Staphylokokkenspezies gefunden wurde, die auf unserer Haut leben. Um festzustellen, wie diese Moleküle ihre verheerende Wirkung entfalten, brachte Ottos Team sie im Labor auf Zellkulturen von Immunzellen - so genannten Neutrophilen - auf. Diese Zellen stellen die erste Verteidigungslinie des Körpers gegen Staphylococcus dar und spielen eine Schlüsselrolle bei der Infektionsbekämpfung. Binnen Minuten flachten die Zellen ab (ein Zeichen für Stress) und nach einer Stunde waren die meisten zerstört. "Wir denken, so wird S. aureus seine Feinde los", sagt Otto. Ottos Team untersuchte etliche in Krankenhäusern vorkommende sowie CA-Stämme, die aus Patienten isoliert worden waren, und fand heraus, dass die CA-Stämme viel PSM produzieren, während die meisten Arten der Krankenhaus-Stämme keine produzierten. Sie schlussfolgerten, dass darin einer der Gründe liegt, warum CA-MRSA so gefährlich ist. Ein zweites Experiment bestätigte die Idee. Das Entfernen der Gene, die für PSM codieren, verringerte die Fähigkeit der CA-Bakterien, Labormäuse zu töten und hinterließ lediglich kleine Abzesse auf der Haut infizierter Mäuse, wie die Wissenschaftler in Nature Medicine (2) berichten.

Mehrgleisiger Angriff

Auch wenn PSM wichtig für das Verstehen von CA-Stämmen zu sein scheinen, sind sie doch nur ein Puzzleteil unter vielen, sagt Henry Chambers, Mikrobiologe und Arzt an der University of California in San Francisco. "Es ist unwahrscheinlich und naiv anzunehmen, dass es die einzige Determinante ist." Wissenschaftler haben weitere Proteine sowie Toxine identifiziert, die das Infektionspotenzial der CA-Stämme erhöhen. Ottos Team entwickelt derzeit PSM-Antiseren, um sie bei Mäusen, die mit CA-MRSA infiziert sind, zu testen.

(1) Klevens, R. M. et al.JAMA 298, 1763-1771 (2007) (2) Wang, R. et al. Nature Med. doi:10.1038/nm1656 (2007).

Dieser Artikel wurde erstmals am 9.11.2007 bei news@nature.com veröffentlicht. doi: 10.1038/news.2007.235. Übersetzung: Sonja Hinte. © 2007, Macmillan Publishers Ltd

Ewen Callaway

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