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Hoang van Phong

© Tsp

Interview: "Forscher im Land halten"

Vietnams Wissenschaftsminister Hoang van Phong will in Berlin lernen.

Herr Minister, 5000 junge Vietnamesen studieren in Deutschland, 170 davon an der Technischen Universität Berlin. Welchen Stellenwert haben deutsche Hochschulen für vietnamesische Studierende?

Nach der Zahl der Auslandsstudenten nimmt Deutschland den vierten Platz ein; andere beliebte Ziele sind die USA, Frankreich, Japan und Australien. Forschung und Lehre in Deutschland sind aus vietnamesischer Sicht exzellent. Die Ausbildungsprogramme sind immer auf dem aktuellen Stand, hier gibt es sehr gute Bedingungen für Studenten wie moderne Labors und Praktikumsmöglichkeiten. Auch die guten Lebensbedingungen sind ein Anreiz, nach Deutschland zu kommen. Die Zahl der Vietnamesen an der TU Berlin wird weiter wachsen, weil gerade an der Wirtschaftsfakultät und in den naturwissenschaftlichen Fächern die Grundlagenforschung stark ist. Die Absolventen können später Professoren an unseren Hochschulen werden. Wir haben einen großen Bedarf an exzellent ausgebildeten Nachwuchswissenschaftlern – auch in der Wirtschaft. An der TU Berlin bewundere ich die Vernetzung mit außeruniversitären Instituten, Industrie und Wirtschaft.

Leidet Vietnam unter einem Braindrain?

Es gibt große Bewegungen von sehr gut ausgebildeten Fachkräften – von der Wissenschaft in die Wirtschaft und vom Inland ins Ausland. Angesichts der bei uns noch relativ kleinen Zahl Hochgebildeter sind wir bestrebt, ihre Arbeits- und Lebensbedingungen zu verbessern. Wir wollen auch noch bessere Bedingungen für ausländische Experten in Vietnam schaffen, der Austausch könnte unsere Akademiker motivieren, im Land zu bleiben. Das ist einer der Hauptgründe für meinen Aufenthalt in Berlin. Wir wollen herausfinden, wie wir von den modernen Strukturen hier lernen können.

Die deutschen Universitäten fordern mehr Autonomie vom Staat. Gibt es in Vietnam ähnliche Bestrebungen?

Unser Staat garantiert lediglich die Basisfinanzierung der Hochschulen – und sorgt für den Austausch der Unis untereinander und mit dem Ausland. Wenn eine Uni mehr Professoren einstellen will – die bei uns relativ gut verdienen – oder neue Labore einrichten will, muss sie sich die nötigen Mittel über Technologietransfer oder internationale Kooperationen besorgen.

Sie sprechen in Berlin auch über wissenschaftliche Kooperationen. Woran ist Vietnam besonders interessiert?

Ein Beispiel ist das Projekt zur Wasserqualität in Vietnam, das vom Bundesforschungsministerium finanziert wird. Dabei geht es unter anderem um die Erschließung neuer Quellen.

Wo sehen Sie Ihr Land in zehn Jahren auf dem internationalen Bildungsmarkt?

Wir hoffen, dass wir bald aus der Gruppe der armen Entwicklungsländer herauskommen und zu Ländern wie Indien und China aufschließen. Wir wollen das Pro-Kopf-Einkommen in acht Jahren verdoppeln. Der Ausbau der Informations- und Biotechnologie soll die Industrieproduktion ankurbeln. Wir müssen diesen Prozess durch Technologietransfer beschleunigen. Gleichzeitig sind unsere Universitäten sehr darum bemüht, sich zu erneuern und die Lehrprogramme zu modernisieren. Wenn das gelingt, könnten Vietnams Hochschulen eine Rolle in Südostasien spielen. In einigen Bereichen, etwa in der Mathematik, sind unsere Universitäten auch schon durchaus anerkannt.

Das Gespräch führte Amory Burchard.

Hoang van Phong ist Minister für Wissenschaft und Technologie in Vietnam, zuvor war er Präsident der Technischen Universität Hanoi. Phong besuchte am Mittwoch die TU Berlin.

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