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Kohlendioxid: Meere bremsen den Klimawandel – noch

Gut ein Viertel des vom Menschen produzierten Kohlendioxids nehmen die Ozeane auf. Doch wie lange noch ist nicht absehbar.

Die derzeit beobachtete Erderwärmung hat zu großen Teilen mit dem Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) aus Schornsteinen und Auspuffrohren zu tun. Das freigesetzte Treibhausgas würde die Temperaturen sogar noch weiter treiben, als die Thermometer ohnehin zeigen – wenn es die Ozeane nicht gäbe.

Sie nehmen beträchtliche Mengen an CO2 auf. Wie viel Kohlendioxid sie genau der Atmosphäre entziehen und welche Mengen zwischen den einzelnen Wasserschichten ausgetauscht werden, ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Denn die Kohlenstoffatome tragen keinen Vermerk, auf dem steht, woher sie kommen, welchen Weg sie zurückgelegt haben und wie lange das gedauert hat. Dementsprechend unsicher sind Angaben zum „Klimaschutzpotenzial“ der Weltmeere. Wissenschaftler um Samar Khatiwala von der Columbia Universität in New York präsentieren jetzt im Fachblatt „Nature“ ein Computermodell, das die Aufnahme und den Transport von Kohlendioxid aus menschlichen Aktivitäten in den einzelnen Meeresregionen von 1765 bis 2008 abbildet (Band 462, Seite 346). Sie stützten sich dabei auf neue Messungen, die zum Beispiel anhand des Salzgehalts, der Temperatur oder der Menge des Kohlenstoffisotops C14 den Stofftransport im Meer anzeigen.

Demzufolge haben die Ozeane im vergangenen Jahr rund 2,3 Milliarden Tonnen CO2 aufgenommen. Das ist etwa ein Viertel der Menge, die durch das Verbrennen fossiler Energieträger ausgestoßen wurde (8,7 Milliarden Tonnen). Insgesamt haben die Weltmeere seit Beginn der Industrialisierung der Atmosphäre rund 140 Milliarden Tonnen CO2 abgenommen, zeigen die Berechnungen.

Ursache dafür ist ein Konzentrationsgefälle zwischen Luft und Meer: Steigt der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre, zieht der Ozean gewissermaßen nach und löst ebenfalls größere Mengen des Gases, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Seit den 1950er Jahren hat der CO2-Gehalt in der Atmosphäre und damit die CO2-Aufnahme der Ozeane drastisch zugenommen, schreiben Khatiwala und Kollegen. Verglichen mit den übrigen Weltmeeren spielt dabei der Südozean, der die Antarktis umschließt, mit einem Anteil von etwa 40 Prozent eine besonders große Rolle.

Doch dessen Kapazitäten schwinden. Vor zwei Jahren berichteten Forscher um Corinne Le Quéré, dass sich infolge des Klimawandels die Windverhältnisse über dem Südozean ändern, wodurch immer häufiger CO2-reiches Tiefenwasser nach oben gelangt. Dadurch geht die Aufnahmefähigkeit des Ozeans zurück, teilweise gibt er sogar zusätzliches Treibhausgas an die Atmosphäre ab.

Den aktuellen Berechnungen aus „Nature“ zufolge hat der schwächelnde Südozean zwischen 1981 und 2004 den Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre relativ um ein ppm (parts per million, Teile CO2 pro eine Million Luftteilchen) erhöht. Der aktuelle Wert liegt bei 388 ppm.

Das Computermodell von Khatiwala und seinem Team zeigt auch, dass die Biosphäre an Land in den vergangenen Jahzehnten seine Rolle wechselte. Bis in die 1940er Jahre hinein war sie eine bedeutende Quelle für Kohlendioxid, etwa durch das Roden von Wäldern und die Viehwirtschaft. Zwar gibt die terrestrische Biosphäre auch heute noch mehr CO2 ab als in vorindustrieller Zeit. Weil der Kohlendioxidanteil in der Luft insgesamt aber gestiegen ist, gilt die Lebewelt auf dem Festland inzwischen als Kohlenstoffsenke und entlastet so ebenfalls die Atmosphäre.

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