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Kommentar: Kopf statt Birne

Endlich hat der Senat erkannt, dass der Abbau der Bildung Berlin schadet – und gibt Geld.

Für Berliner Ohren ist das eine unerhörte Nachricht. Der Regierende Bürgermeister will mit Berlins Wissenschaft ganz nach oben in die internationale Spitze. In den nächsten vier Jahren will er dafür mehr als 300 Millionen Euro investieren. Mehr noch, Klaus Wowereit gibt programmatisch bekannt, in der Forschung nun die große Perspektive der Hauptstadt zu sehen: „Wissen schafft Berlins Zukunft!“, lautet der optimistische Titel seines Masterplans. Das ist allerhand. Seit anderthalb Jahrzehnten sind die Berliner es gewohnt, dass die Regierungen das Wort „Wissenschaft“ mit dem Wort „sparen“ in einem Atemzug nennen.

Wochenlang schoben Ärzte vor fünf Jahren ihre Betten durch Berlins Straßen, um zu verhindern, dass das Universitätsklinikum Benjamin Franklin der Freien Universität abgewickelt wird. Das Klinikum hat überlebt, wurde aber Teil einer gemeinsamen Berliner Unimedizin, die bis 2009 nicht weniger als 98 Millionen Euro sparen muss. Bald danach sprangen Studierende in Badehosen bei klirrender Kälte in die Spree, um gegen neue drastische Einsparungen bei den drei Universitäten zu protestieren. Bis 2009 müssen die Unis gemeinsam 75 Millionen erbringen, das entspricht 220 Professuren.

Schon im Zuge der ersten großen Sparwelle Mitte der 90er Jahre hatten die Universitäten die Hälfte der Professuren hergeben müssen. Die Zahl von Berlins ausfinanzierten Studienplätzen lag damals bei 115 000. Sie ist mittlerweile dabei, auf 79 000 zu schrumpfen – liegt also bereits deutlich unter den 85 000, die der Wissenschaftsrat immer als absolute Untergrenze für Berlin genannt hat.

Diese Zahlen zeigen bereits, was es bedeutet, wenn nun wieder 1000 neue Studienplätze entstehen sollen: nicht sehr viel. Für die Forschung sind allerdings größere Effekte der Initiative zu erwarten. Zwar sind mit dem neuen Geld Hunderte längst gestrichener Professuren nicht plötzlich wieder da. Der Senat will aber gezielt Spitzenförderung betreiben. Auch im Rahmen des Elitewettbewerbs. Große Forschungsprojekte, „Cluster“, die knapp im bundesweiten Wettbewerb scheitern, sollen so trotzdem noch aus Landesmitteln umgesetzt werden. Das wird die vielen Forscher, die sich seit Monaten für ihre Anträge in der Exzellenzinitiative abkämpfen, motivieren.

Vor allem sendet der Senat ein wichtiges Signal zu den Entscheidern in der Exzellenzinitiative. Berlins Image in der Wissenschaft ist nach vielen Sparwellen beschädigt. So war die FU in der ersten Runde des Elitewettbewerbs zwar für ihren Antrag gelobt worden. Doch intern hatten Juroren angesichts der Berliner Sparpolitik Zweifel angemeldet, ob das Geld hier auf Dauer gut angelegt wäre. An solchen Bedenken werden Berlins Unis im Wettbewerb nun nicht mehr scheitern.

Berlin vollzieht eine Wende in seiner Wissenschaftspolitik. Für eine Stadt ohne Industrie ist das ein längst überfälliger Schritt. Für jeden Euro, den das Land für die Wissenschaft ausgibt, kommen drei Euro zurück, rechnen Wirtschaftsforscher. Der neue Masterplan wird sich auszahlen.

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