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Wissenschaft

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Lange Nacht der Wissenschaften: Der schnellste Zug zur klügsten Nacht

In Labors, Hörsälen und sogar in der S-Bahn kann man am Sonnabend, dem 14. Juni, Forschung hautnah erleben. Tipps und Termine von Adlershof bis Wedding.

Route 1: ADLERSHOF

Wie kann ich mein Gedächtnis am besten trainieren? Diese Frage treibt viele Menschen um, wie der Erfolg des Nintendo-Spiels „Dr. Kawashimas Gehirn-Jogging“ oder die Popularität von Sudoku-Rätseln beweisen. Ob wir damit wirklich unser Gehirn fit machen, erklären Psychologen der Humboldt-Universität in Mitmachkursen und Vorträgen (Rudower Chaussee 18, 18 bis 0 Uhr). Wer mehr auf seine körperliche Fitness achten will, ist im Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Softwaretechnik gut aufgehoben. Dort kann man das „Trainingslager der Zukunft“ testen: Radeln durch von Informatikern entwickelte virtuelle Landschaften (Magnusstraße 2). Zu Schwerpunkten der Forschung auf dem Campus Adlershof, einem der größten Wissenschaftszentren in Deutschland, gehören die Gewinnung von alternativer Energie und die Steuerung des Verkehrsflusses. Die tägliche Fahrstrecke lässt sich optimieren, das erfährt man im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Rutherfordstraße 2). Wie eine Solarzelle funktioniert, erklären Forscher im imposanten Elektronenspeicherring Bessy (Albert-Einstein-Straße 15). Im Johann-von-Neumann-Haus (Rudower Chaussee 25) demonstriert die Gesellschaft für angewandte Informatik (GFaI), wie eine akustische Kamera Geräusche sichtbar macht. tiw


Route 2: BUCH

Ob Schizophrenie, Diabetes oder Alzheimer – für viele Erkrankungen gibt es eine erbliche Vorbelastung. Für welche Fälle es bereits Gentests gibt und wie die gemacht werden, zeigt das Team um Norbert Hübner vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) um 18.30, 20 und 21.30 Uhr (Robert-Rössle-Straße 10). Im gläsernen Labor können Besucher sogar ihr eigenes Erbgut, das in jeder Zelle als Desoxyribonukleinsäure gespeichert ist, isolieren lassen. Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, finden zwischen 15 und 23 Uhr im Foyer Informationen über die Ausbildung zum Tierpfleger für die Forschung, zum Biolaboranten, zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste und andere interessante Berufe. Geheimnisvoll und spannend für Kinder wird es um 21 Uhr 30, wenn der Zauberkünstler und Biochemiker Oliver Grammel am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (Robert-Rössle-Straße 10) die Reagenzien zischen lässt und magische Effekte aus dem Reich der Chemie vorführt. dal

Route 3: WEDDING/MITTE

Am Anfang sind es harte Maiskörner, am Ende knusprig-luftige Cornflakes. Was die moderne Lebensmitteltechnik vermag, demonstrieren Wissenschaftler der Technischen Fachhochschule im Foyer des Hochschulgebäudes in der Luxemburger Straße 10. Dort geht es auch um populäre Ernährungsirrtümer, Behauptungen wie „Kartoffeln machen dick“ oder „Natur ist immer gut“. – Was geschieht im Kopf, wenn wir uns entscheiden? Mittlerweile können Wissenschaftler dem Gehirn beim Denken zusehen. Im Bernstein-Zentrum für Computational Neuroscience in der Philippstraße 13, Haus 6, gibt es dazu eine Experimentalvorlesung mit Selbstversuchen. – Brücken, Beton und Bögen: ein großes Programm mit Kursen rund ums Bauen präsentiert die Technische Universität im Haus des Bauens (Peter-Behrens-Halle) in der Gustav-Meyer-Allee 25. – Fragen kostet nichts: Öffentliche Sprechstunden zu vielen Krankheiten werden im Deutschen Rheuma-Forschungszentrum am Charitéplatz 1 abgehalten. Auch die Charité (Virchow-Klinikum, Mittelallee 10) hat in der Glashalle ein umfangreiches Informationsprogramm zusammengestellt. wez

Route 4: MITTE

Sie können sich nicht entscheiden, wo Sie am Sonnabend zur Langen Nacht der Wissenschaften hingehen sollen? Vielleicht hilft Ihnen dann der Vortrag „Decision Making“ (17, 18 und 19 Uhr) an der European School of Management and Technology (ESMT) am Schlossplatz 1. Hier zeigen Forscher mit mentalen Übungen, wie man schneller zu richtigen Entscheidungen kommt. Am Institut für Klassische Philologie der Humboldt-Universität (Unter den Linden 6) kann man sich vor Beginn der Olympischen Sommerspiele in Peking den ganzen Tag lang darüber informieren, wie die Wettkämpfe in der Antike ausgetragen wurden. Am Centre Marc Bloch (Schiffbauerdamm 19) können Gegner und Fürsprecher des Flughafens Tempelhof bei einem Planspiel (19 Uhr) mitmachen, bei dem um die Zukunft des riesigen Geländes geht. Und im Foyer des HU-Gebäudes am Hegelplatz (Dorotheenstraße 24) gibt es im 30-Minuten-Takt Crashkurse in Finnisch, Schwedisch, Isländisch oder Kildin-Saamisch an (bis 23 Uhr). Da fällt die Entscheidung nicht leicht. dal



Route 5: CHARLOTTENBURG

Zu den Klassikern der Langen Nacht gehört die spektakuläre „Rosa Röhre“ des Instituts für Land- und Seeverkehr mit Monsterwellen und High-Performance-Schiffen (17.30 bis 1 Uhr auf der Schleuseninsel an der Müller-Breslau-Straße). – Roboter werden billiger. Dass sie sich trotzdem gut mit ihrem Benutzer verstehen, wollen TU-Wissenschaftler zeigen (17 bis 1 Uhr im Lichthof des TU-Hauptgebäudes, Straße des 17. Juni 135). – Wie der Soundtrack des preisgekrönten Films „Rhythm is it!“ enstand, können Besucher anhand von Film- und Klangbeispielen um 21 Uhr im Hauptgebäude erfahren (Straße des 17. Juni 135, im Hörsaal H 104). – „Unsere kleinen Hausgenossen“: So nennen TU-Forscher liebevoll Fliegen, Motten oder Läuse. Denn beim Blick durch das Elektronenmikroskop kommt man sich näher, wirkt die Spinne mit ihren behaarten Beinen plötzlich wie ein sympathisches Kuscheltier (nach Anmeldung von 17 Uhr bis Mitternacht im KWT-Gebäude in der Fasanenstraße 1, Eingang 6, Raum 107; Bushaltestelle Müller-Breslau-Straße). akü

Route 6: DAHLEM

Durch Dahlem weht der olympische Geist. Ein durchaus kritischer Geist, zumindest am Institut für Philosophie (Habelschwerdter Allee 30): Die Olympischen Spiele sind auf Lügen aufgebaut, lautet die These eines Vortrags um 18 Uhr. Als Gegenentwurf wird ein Sport präsentiert, „der auf die menschliche Existenz bezogen ist“. Das Institut für Sinologie (Ehrenbergstraße 26–28) zeigt von 17 bis 23 Uhr alle zwei Stunden knallharte chinesische Kampfsportfilme – mit wissenschaftlicher Einführung. Olympia kann auch eine tolle Motivation sein, Chinesisch zu lernen. Schnupperkurse für Kinder und Erwachsene bietet das Konfuzius-Institut (Goßlerstrasse 2–4). Höchstleistungen präsentiert auch das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft (Faradayweg 4–6). Nobelpreisträger Gerhard Ertl erklärt um 20 Uhr sein großes Thema „Katalyse an Oberflächen“. Der exzellente Nachwuchs, Jugend-forscht-Teilnehmer von 2008, zeigt bei den FU-Physikern (Arnimallee 14) seine erfolgreichen Experimente. Ästhetische Experimente verwandeln das Institut für Theaterwissenschaft (Grunewaldstraße 35). Eine Tänzerin und Choreografin bespielt es von 20 bis 23 Uhr mit einer Performance. Ein dichtes Kinderprogramm hat das Deutsche Archäologische Institut (Peter-Lenné- Straße 28–30): Die jüngsten Forscher können hier Basteln wie die alten Ägypter, Ruinen vermessen oder sich den Trojanischen Krieg erzählen lassen. -ry

Route 7: WANNSEE/POTSDAM

So kalt, dass selbst die Luft gefriert: Im Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie am Wannsee (Glienicker Str. 100), wie das ehemalige Hahn-Meitner-Institut heute heißt, zeigen Experimente, wie Temperaturen von minus 200 Grad und starke Magnetfelder Materialien verändern können. Tausendmal dünner als Haare sind die Schichten, die für Solarzellen entwickelt werden. Besucher können Geld- oder Schmuckstücke mit hauchdünnem Überzug vergolden lassen und aufgeschäumtes Metall, leicht und stabil, nach Hause tragen. Das Rasterelektronenmikroskop erlaubt Blicke in die Nanowelt. – Vor allem um die Erde und ihr Klima geht es auf dem Telegrafenberg in Potsdam. Im Geoforschungszentrum führt das „Geotheater“ mit Eisbären und Dinos durch die Erdgeschichte. Mit Hammerschlägen ist ein „Erdbebendiplom“ zu erwerben. Per Knopfdruck brechen Vulkane aus. Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung demonstriert die Auswirkungen der Erderwärmung. Abkühlung bietet das Brettspiel „Keep Cool“. Wie man auf Eisschollen überwintert, erfährt man im Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Heiß her geht es im Astrophysikalischen Institut, wo im Einsteinturm die Physik der Sonne präsentiert wird. Nächtliche Sternenpracht zeigt nebenan der Große Refraktor, Deutschlands größtes Linsenteleskop. pja

Der richtige Tipp, wer Fußball-Europameister 2008 wird, kann viel Geld bringen. In Sportbüros oder im Internet werden noch Wetten angenommen. Doch Vorsicht! „Bei einer Wette gibt es einen Dummkopf und einen Dieb“, heißt es im Programmheft zur Langen Nacht der Wissenschaften. Das Adlershofer Institut für Mathematik hat nun ein virtuelles Wettbüro aufgebaut, in dem die Funktionsweise von Wetten erklärt wird. Wer dann gründlich über das Risiko informiert ist, legt sein Geld vielleicht doch lieber im Wärmeschutz an. Die Schwachstellen etwa an der Hausfassade zeigen Wärmebildkameras, die im Ferdinand-Braun-Institut für Hochfrequenztechnik vorgeführt werden.

Dessen Direktor, Günther Tränkle, Vorsitzender des Lange-Nacht-Kuratoriums, hebt die Vielfalt der Angebote hervor. Die Besucher könnten „mehreren hundert Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen über die Schulter schauen und Spitzenforschung hautnah erleben“. In der Tat macht das breite Angebot dem Ruf der Region Berlin-Potsdam als führendem deutschen Wissenschaftsstandort alle Ehre – eine kleine Auswahl stellen wir auf dieser Seite vor.

1800 Veranstaltungen, die von insgesamt 66 Universitäten, Fachhochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wissenschaftlichen Organisationen und forschenden Unternehmen angeboten werden – das ist Rekord. Das Programm der achten Wissenschaftsnacht enthält zudem etwa 700 neue Angebote. Mit dem Oberstufenzentrum Lise Meitner beteiligt sich auch eine Schule. Genetischer Fingerabdruck, Nervensystem, Gedächtnis heißen einige der spannenden Themen.

Dass auch eine Berufsberatung geboten wird, passt zum Trend. Viele junge Besucher nutzen die klügste Nacht des Jahres, um sich über Studium und Beruf zu informieren. Ob es ums Kristallezüchten, die Arbeit im Kriminallabor oder um die Milchproduktion geht, viele Angebote richten sich speziell an Kinder und Jugendliche. Am Blasrohrschießen im Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, das über Artenvielfalt informiert, werden auch Erwachsene Spaß haben. Wer die Geschwindigkeit liebt, ist in der schnellsten Ringbahn der Welt richtig. Die S 41 verwandelt sich in einen Express, an dessen Bord fundamentale Fragen des Universums aufgezeigt werden. Steigen Sie ein! Paul Janositz

Paul Janositz

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