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TURNERS Thesen: Mehr Gewicht für musische Fächer

Studien ergeben, dass Kinder von Akademikern in der 9. Klasse einen Wissens- und Leistungsvorsprung von fast drei Schuljahren gegenüber Gleichaltrigen aus Arbeiterfamilien haben.

Studien ergeben, dass Kinder von Akademikern in der 9. Klasse einen Wissens- und Leistungsvorsprung von fast drei Schuljahren gegenüber Gleichaltrigen aus Arbeiterfamilien haben. Man kann versuchen, diesen Abstand in den geprüften Fächern zu verringern. Nur sollte man sich nicht einbilden, dass damit die Chancen der Schüler aus bildungsfernen Schichten an die „Privilegierten“ einigermaßen angeglichen würden. Denn Deutsch und die MINT-Fächer sind nicht alles.

Zu befürchten ist, dass die Diskrepanz zwischen den Nachkommen von „Bildungsbürgern“ gleichgültig, ob sie Akademiker sind, und denen aus benachteiligten Schichten in den musischen Fächern noch größer ist. Die entsprechenden Schulfächer Kunst und Musik werden vernachlässigt. Auch das Fach Religion mit seinen historischen Inhalten ist dazu zu rechnen. Im Stundenplan sind sie ausgedünnt; früh können sie abgewählt werden; es fehlen Lehrer. Eltern, die Wert auf eine Heranführung an die Inhalte legen und damit die Grundlage für ein Verständnis und lebenslanges Interesse bei ihren Zöglingen wecken wollen, werden Mittel und Wege finden, die in der Schule bestehenden Lücken anderweitig zu schließen.

Man kann sich leicht ausmalen, wie die Ergebnisse aussähen, wenn einmal untersucht würde, was Kinder mit unterprivilegiertem Hintergrund und solche aus Kreisen der Akademiker oder gehobenen wirtschaftlichen Positionen an Wissen aus den Kulturfächern aufweisen.

Doch politische Kreise, die nicht müde werden, die durch Geburt bestehenden Unterschiede zu beklagen und auf deren Ausgleich zu drängen, blenden diesen Bereich aus. Der Grund liegt in einer Verengung des Begriffs Bildung auf Ausbildung. Alles, was zum Berufseintritt erforderlich erscheint, soll Teil der Ausbildung sein. Bildung im Sinn einer Beschäftigung mit Literatur, Theater, Musik oder Bildender Kunst wird ausgeklammert.

Die Folgen sind evident: Anstatt Kindern aus Kreisen, die solchen Phänomenen kenntnislos gegenüberstehen, den Anschluss zu ermöglichen, wird die Kluft immer größer. Hier diejenigen, denen zwar eine bessere Ausbildung als ihren Eltern ermöglicht wird, allerdings mit eingeschränktem Zugang zu der Basis dessen, was man im überkommenen Sinn als Bildung bezeichnet. Dort die anderen, die den Ausgleich privat erfahren, weil die Schule nicht in der Lage versetzt wird, ihren Part zu erbringen. „Bildungs“-Politiker ignorieren solche Erkenntnisse und übersehen die Folgen.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine E-Mail schreiben: george.turner@t-online.de

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