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Wissen: Mehr Vielfalt aus dem Erbgut

In menschlichen Zellen werden Gene offenbar regelmäßig falsch abgelesen

Wenn es um die Herstellung von Proteinen geht, hat das Erbgut nicht unbedingt das letzte Wort. Das zeigt ein systematischer Vergleich, den amerikanische Wissenschaftler mit menschlichen Zellen durchgeführt haben. Einzelne genetische Buchstaben werden demnach regelmäßig anders gelesen, als sie in der DNS im Zellkern stehen.

Diese Variationen treten nicht wahllos auf, berichten die Forscher um Vivian Cheung von der University of Pennsylvania im Magazin „Science“. Bei verschiedenen Menschen finden sich identische Veränderungen an den immer gleichen Erbgutpositionen. „Diese Einheitlichkeit lässt vermuten, dass es eine Art Code für den Einbau dieser Unterschiede gibt“, so Cheung. Welcher Mechanismus hinter den Variationen stecke und ob diese eine biologische Funktion erfüllten, sei aber noch völlig offen.

Cheung und ihre Gruppe nutzten weiße Blutkörperchen von 27 Personen, deren DNS vollständig gelesen worden ist. Sie sequenzierten zusätzlich die Boten-RNS, die in den Zellen als Abschrift der DNS angefertigt wird und als Blaupause für die Herstellung von Proteinen dient. Zu ihrer Verblüffung fanden sie zahlreiche Unterschiede zwischen DNS und RNS: An mehr als 10 000 Erbgutpositionen traten bei mindestens zwei und teils bei allen Personen identische Variationen auf.

Diese Variationen konnten die Wissenschaftler auch in Haut- und Gehirnzellen und in Krebszellen nachweisen. Insgesamt kommen alle zwölf denkbaren Umwandlungen eines der vier unterschiedlichen DNS-Bausteine in einen der drei übrigen vor. Und die Variationen wirken sich bis auf die Ebene der Proteine aus: Auf Grundlage eines einzigen Gens produzieren die Zellen also zwei leicht unterschiedliche Proteine.

„Es muss betont werden, dass wir diese Unterschiede bei der Untersuchung von lediglich 27 Individuen gefunden haben - sie sind also durchaus gängig“, erklärt Cheung. Nach Ansicht der Genetikerin könnte sich die zusätzliche Vielfalt auch äußerlich bemerkbar machen – etwa in einer unterschiedlichen Anfälligkeit für Krankheiten. Bei der Suche nach typischen „Krankheitsgenen“ müsse dieser Umstand berücksichtigt werden, so die Forscherin. „Bislang lag das Augenmerk auf der DNS. Unsere Resultate zeigen nun, dass man sich auch die RNS-Sequenzen anschauen muss.“JKM

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