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Solidarität. Studierende verabschieden sich am Montag in Magdeburg von Birgitta Wolff (CDU) - und protestieren gegen den Sparzwang.

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Ministerwechsel in Sachsen-Anhalt: Sorge um Sparszenarien für ostdeutsche Hochschulen

Nach der Entlassung von Sachsen-Anhalts Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) sorgen sich Wissenschaftsexperten um den Hochschulstandort Sachsen-Anhalt und um die Entwicklung der Hochschulen besonders in Ostdeutschland.

Krista Sager, Sprecherin für Wissenschaftspolitik der Grünen im Bundestag, erklärte, Wolffs Entlassung „zugunsten eines Sparkommissars“ sei eine „traurige Fehlentscheidung“ und ein „fatales Signal“. Zu Wolffs Nachfolger wurde am Montag der ehemalige niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) ernannt. Kritik an der Personalie kam sogar aus der Fraktion der in Sachsen-Anhalt mitregierenden SPD. Katja Pähle, wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, kritisierte, dass Möllring bislang über keinerlei Erfahrung in der Wissenschaftspolitik verfüge und sich auch nur am Rande mit Wirtschaftsthemen beschäftigt habe. Empört sind auch viele Professorin. Wolff habe in der Diskussion um geplante Finanzkürzungen "die Belange der Hochschulen vertreten", erklärte Christiane Tammer, Mathematikerin an der Universität Halle-Wittenberg und Vorsitzende des Deutschen Hochschulverbandes in Sachsen-Anhalt. Es sei ihr "völlig unbegreiflich, dass eine international renommierte Wissenschaftlerin deshalb aus der Landesregierung entlassen wurde".

Der neue Minister für Wissenschaft und Wirtschaft: Hartmut Möllring (CDU).
Der neue Minister für Wissenschaft und Wirtschaft: Hartmut Möllring (CDU).

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Wie berichtet hat Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Wolff am Freitag mit der Begründung entlassen, das Vertrauensverhältnis zu ihr sei „nachhaltig gestört“. Wolff hatte sich geweigert, die Sparpläne der schwarz-roten Regierung für die Wissenschaft mitzutragen. Ab dem Jahr 2014 sollen rund 26,5 Millionen Euro entfallen, betroffen wären besonders das Programm Forschung und Innovation, das halbiert würde, sowie Mittel für Investitionen an den beiden Universitätskliniken des Landes. Ab 2015 sollen die Mittel für den Bereich der Hochschulen (mit Medizin, Studentenwerken und weiteren Zuschüssen zur Infrastruktur) dann bis 2025 jährlich um fünf Millionen Euro abgeschmolzen werden. Dann würde der Zuschuss von 630 Millionen Euro auf 580 Millionen Euro gesunken sein. Die Zahl der Studienplätze soll von 50 000 auf 33 000 sinken. Aus Sicht der Hochschulen werden schon jetzt nur 34 000 Studienplätze ausfinanziert, auf denen 55 000 Studierende eingeschrieben sind.

Wolff hatte sich dafür ausgesprochen, die Sparpläne erst in zehn Jahren zu forcieren, wenn mit sinkenden Studierendenzahlen auch im Westen gerechnet wird. Außerdem wollte sie die Empfehlungen des Wissenschaftsrats abwarten. Wolffs Ministerium hatte das Gremium 2011 gebeten, die wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Sachsen-Anhalts zu evaluieren. Eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Münchener Bildungsforschers Manfred Prenzel soll im Sommer ihren Bericht vorlegen. Auch die Hochschulrektoren Sachsen-Anhalts hatten sich für einen organisierten „Umbau“ ausgesprochen. Kurzfristige Sparmaßnahmen hätten aber zur Folge, dass zufällig frei werdende Stellen nicht wiederbesetzt werden können. Dies widerspreche einer „sinnvollen Strukturplanung“.

Eine solche abgestimmte große Strategie vermisst ein Kenner, der anonym bleiben möchte, für den Osten insgesamt. Die neuen Länder hätten sich längst an ein gemeinsames Konzept machen sollen, um ihre Hochschullandschaft auf die Probleme wie stark schrumpfende Haushalte, schrumpfende Bevölkerungszahlen und wirtschaftlich schwache Regionen einzustellen und die nationale Herausforderung zu formulieren. Der Experte vermutet in den Sparplänen in Sachsen-Anhalt nur einen Anfang, weitere Sparrunden seien denkbar. Schon jetzt werde aber das mühsam mit der Werbekampagne „Studieren in Fernost“ aufgebaute positive Image beschädigt.

Sachsen-Anhalt schafft mit den Plänen auch Fakten für die Schlussphase des Hochschulpakts, über dessen dritten Teil für die Jahre 2016 bis 2020 Bund und Länder im kommenden Jahr verhandeln wollen. Bisher hatten die ostdeutschen Länder Hunderte von Millionen Euro dafür bekommen, ihre Kapazitäten für Studierwillige aus dem Westen aufrechtzuerhalten.

Auch bei den Hochschulen in Sachsen soll gekürzt werden – der mittelfristigen Finanzplanung zufolge rund 1000 Stellen bis 2020. Das Wissenschaftsministerium verhandle aber derzeit mit den Hochschulen lediglich über 205 Stellen, die bis 2016 abgebaut werden sollen, sagt eine Sprecherin. Gleichzeitig würden den Hochschulen für überlastete Bereiche 300 zusätzliche befristete Stellen bis 2015 und 189 Stellen aus dem „Bildungspaket“ für die Lehrerbildung zur Verfügung gestellt. Wie es dann nach 2015 mit der Sparauflage für die Hochschulen weitergehe, solle eine Evaluation der Hochschullandschaft in Sachsen und eine neue Prognose der Studierendenzahlen ergeben, hieß es.

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